Das BINÄRE HAUS
Das BINÄRE HAUS existiert nur in der CPU. Hier wird eine eigenständige Architektur generiert. Die Spielregeln der Kommunikation sind nicht mehr durch Emotionalität und Subjektivität, sondern durch Eigenschaften der CPU geprägt.
Der Grafikmodul der CPU bildet am Monitor aus den rot grün blauen trio pitches des Elektronenstrahls die pixel. Die Größe der pitches bedingt der Monitor, die Größe der pixel die Auflösung des Grafikmoduls bzw. des Programmes. Aus ihnen sind entsprechend den Programmeingaben Buchstaben, Ziffern, Punkte, Striche, Flächen zusammengefügt.
Ein Datensatz der CPU kann am Monitor unterschiedlich in Erscheinung treten: im Hexadezimal-, Binär-, ASCII-, List-, Grafik-Modus, etc.
Die pragmatische Sehweise verwendet Zeichen, die etwas darstellen sollen, als Bedeutungsträger. Im konventionellen Plan legen bestimmte, gut eingespielte Konventionen fest, wie Buchstaben zu lesen sind, z.B. als Wort, Striche, z.B. als Blattrand, ein Strichpaar z.B. als Wand. Dabei ist jedoch der Wille zur Kommunikation vorausgesetzt. (Warum wird das Strichpaar am Blattrand jedoch nicht als Mauer gelesen? Richtig verstehen zu wollen, setzt einiges an Gutmütigkeit voraus.)
Im Kontext des binären Hauses sind den Zeichen des Datensatzes Bedeutungen nicht immanent. Striche sind vorerst wirklich nur Striche, haben visuelle Bildhaftigkeit, meinen nichts. Striche sind Fahrer über den Bildschirm.
Binäre Striche sind inhaltsentleert: Nicht einmal mit der Lupe oder mit einem extremen Zoom kann ich da ein Inhalt finden!
Weil sie keine Bedeutungsträger sind, nicht vorbelastet sind, sind sie leicht manipulierbar. So können sie beliebig kombiniert gelesen werden: als Einzelstrich, als Strichpaar, als Raster; räumliche Striche können flächig gelesen werden und vice versa. Da es keine Lese Konvention gibt, erfordern sie ein aktives Verständnis.
Ein Punkt erscheint in allen geometrischen Darstellungen als Punkt (vgl. eine Kugel). Daraus folgt für den Monitor, daß idente pixel gleichzeitig ihr eigener Grundriß, Aufriß, Schnitt etc. sind. Daher können die Striche, die Pläne des binären Hauses gleichzeitig als Grundriß, Aufriß, Schnitt, Axonometrie, Perspektive - quasi multivalent - angesehen werden.
Typisch für das BINÄRE HAUS ist das Scintilieren der Bilder im Auge. Die Bilder sind nicht eineindeutig, nicht eindeutig. Mehrdeutig jeweils ergibt der Augenblick die Interpretation, die Verwendung, die jeden nächsten Moment andere sein könnten.
Datenfiles von Koordinaten können z.B. in ein Musikprogramm geladen und als Melodie wahrgenommen werden. Ob Grafik oder Musik, sie sind nicht Darstellung eines vorher Unartikulierten, sie sind selbst Erscheinung, wie die Koordinaten auch selbst Erscheinung sind.
Striche sind nur eine Erscheinungsform des binären Hauses sie dienen der visuellen Vorstellung und Präsentation. Die visuelle Orientiertheit findet die instant info des comicstrips.
Das Formenvokabular des binären Hauses liefert das Programm: Verfügt ein Zeichenprogramm nur über Würfel als Kubaturen ist der Entwurf ein Würfel. Das Quadrat des gezoomten pixel ist nicht die reduzierte Form der klassischen Moderne, nicht Ausdruck wie bei Loos, Malewitsch oder Mondrian.
2 D Striche am Monitor oder plot sind 3 D Koten im Datenfile. Die Punktdatei wird je nach Programm durch verbindende Linien, durch 3 Eck Flächen oder durch einfache stereometrische Körper zu einem Objekt strukturiert. So ist im Datenfile das BINÄRE HAUS definiert, insgesamt ist es in der CPU virtuell vorhanden komplett! Daß das BINÄRE HAUS komplett vorhanden ist, ist ein wesentliches Merkmal.
Daher lassen sich nach Belieben viele Bilder (Schnitte, Risse, Axonometrien etc.) des latent präsenten "Baukörpers" unmittelbar auswerfen, z.B. eine Serie von Perspektiven aus verschiedenen Standpunkten. Sie sind Ausschnitte des in der CPU simultan vorhandenen Materials. Die Präsentation für das Auge ist augenblicklich (präsent).
Abgerufene Bilder sind gleichwertig. Ein Grundriß ist ebenso eine willkürlich spezifische Ansicht wie eine beliebige Perspektive oder Axonometrie, gleichgültig ob wire frame, hidden line oder solid.
Solche essentiellen Eigenschaften der CPU lassen bereits die Eigenschaften des binären Hauses und seine spezifische Architektur erkennen:
Der absolute Maßstab für die Pläne des binären Hauses ist ein pixel, für die CPU ein bit. Das BINÄRE HAUS selbst hat obwohl vorhanden keine Dimension. Die Dimensionslosigkeit steht in direkter Relation zur Namenlosigkeit der Striche. In der Dimensionslosigkeit hat die Behauptung einer bestimmten Größe den Stellenwert außenliegender Selektion.
Die ohne Aufwand erzielbare große Menge an Perspektiven, läßt den Standpunkt in der Architektur verschwinden. Die Vielzahl der Perspektiven ermöglicht die Auflösung der einfachen Stereometrien zu komplexen Gebilden und führt schließlich zur Animation.
Das Zoomen (in die Tiefe), das Shiften (auf und ab, rechts und links) nehmen der Architektur den Ort: die Orientierung erfolgt nicht mehr auf Grund von räumlichen Zusammenhängen es gibt keinen Blattrand mehr, Süden und die Hölle sind nicht unten! Der architektonische Ort, schon lange nicht mehr sakral, vernichtigt sich. Selbst ohne Ort befindet sich das BINÄRE HAUS in einem ebensolchen Umraum. Hier ist die Dislokation ein häufig auftretendes Phänomen.
Wie durch die Namenlosigkeit die funktionellen Zusammenhänge aufgehoben werden, sind durch die Dimensionslosigkeit und Ortlosigkeit auch die räumlichen Zusammenhänge gelöst. Räume werden, dem Zentralismus zum Verderb, verstreut, Bauteile auseinandergenommen.
Die CPU arbeitet in Echtzeit bzw. Nullzeit und komprimiert somit die Dauer der Zeit zur Simultaneität, verschiebt eine Vielzahl von zeitabhängigen Kategorien: So hat die CPU keine selektive Erinnerung. Der Speicher arbeitet nicht geschichtlich, macht keine wertende Erfahrung.
Im zeitlosen Raum gibt es keine Erinnerung, keine Lehre aus der Geschichte. Im Raum ohne Bedeutungen gibt es keine Bewertungen. Somit fehlen die Grundlagen für eine Ableitbarkeit. Das BINÄRE HAUS ist nicht hereditär, schlicht und einfach grundsatzlos.
Die Aura der Raumqualität, außen und innen, sich öffnend / schließend, Intimität und Öffentlichkeit, Gemütlichkeit und Agoraphobie, verbleiben nun nur mehr den Kommentatoren als sprachliche Relikte und Accessoires.
Der besseren Unterscheidbarkeit der vielen Striche am Monitor dienen die Farben und Muster. Die rot grün blauen Farben des trio pitches sind Faktum, nicht Farbkonzept. (3D Flächen werden von der CPU automatisch gerastert, nicht vom Fliesenleger !)
Die CPU zeigt Monitor-Bilder nur nacheinander, sie wechseln sich ab, indem sie wieder verschwinden oder sich überlagern. Dadurch haben sie obwohl sie am Monitor optisch wahrnehmbar sind musikmediale Eigenschaften. (Plots und prints hingegen sind bildmedial, nebeneinander gleichzeitig sichtbar.)
Diese Eigenschaften (der Status) des binären Hauses zusammengenommen bilden seine qualifizierte Abstraktion, sein Hauptmerkmal. Das BINÄRE HAUS ist gegenstandslose Architektur. Diese Architektur ist zeitlos. Sie ist das durch CPU Filterung entstandene Extrakt. Es ist entmaterialisiert und dem Zweck entfremdet, ist befreit von der "Pflicht" der architektonischen Beweisführung.
Die pure Striche Konstellation bietet eine neue variable Relation von Abstraktion und Konkretisierung: Sie verlangt nicht nach einem vorweggenommenen Ergebnis. Strich ist gleich Strich bietet keine andere, neue Vorstellung, sondern eine Null Vorstellung.
Diese spezifische Sehweise des CPU outputs das BINÄRE HAUS ist Vorbedingung zur INTERAKTION. Das aktive, produktive Lesen ist hier erforderlich, nicht die Abstimmung hinsichtlich irgendeiner Richtigkeit.
Das BINÄRE HAUS ist real, sofern Bereitschaft besteht, seine Eigenheiten anzuerkennen. Dem konventionellen Vokabular wird der Begriff der Komplexität zu Hilfe eilen, um die vielschichtigen Zusammenhänge der gegenstandslosen Raumvorstellungen zu beschreiben.
Axiome im binären Haus
1 | Das BINÄRE HAUS existiert nur in der CPU. |
2 | Binäre Striche sind inhaltsentleert |
3 | Pläne des binären Hauses sind mehrdeutige Risse. |
4 | Das Formenvokabular des binären Hauses liefert die CPU. |
5 | Das BINÄRE HAUS ist in der CPU komplett vorhanden. |
6 | Die Präsentation für das Auge ist augenblicklich (präsent). |
7 | Abgerufene Bilder sind gleichwertig. |
8 | Es ist selbst ohne Ort in einem Umraum ohne Standpunkt. |
9 | Die Namenlosigkeit der Striche läßt sie ohne funktionellen Zweck. |
10 | Das BINÄRE HAUS selbst hat keine Dimension. |
11 | Die CPU komprimiert die Dauer der Zeit zur Simultaneität. |
12 | Monitor-Bilder sind musikmedial, plots und prints bildmedial. |
13 | Das BINÄRE HAUS ist gleichzeitig & zeitlos, nicht hereditär |
14 | Das BINÄRE HAUS ist gegenstandslose, entmaterialisierte Architektur. |
15 | Ein binäres Haus ist baubar. |
Die INTERAKTION manipuliert das BINÄRE HAUS.
Sie liefert die theoretische und handwerkliche Voraussetzung für einen progressiven Umgang mit der CPU im Planungsprozeß. In der Überwindung retrospektiver Planungsabläufe in der Architektur findet sie andere Ansätze und damit andere Ergebnisse.
Der Interaktivist beteiligt sich nicht am Mythos, daß durch Analyse / Synthese der stationäre Charakter von Planungen verlassen werden könnte, vielmehr nimmt er in unterschiedlicher Weise spezifisch elektronische Elemente in die Planung hinein, sieht zu, was dabei herauskommt. Für ihn gibt es a priori keine vorgefaßten Bilder. Er bleibt Hedonist.
Beim interaktiven Arbeiten wird eine Bisotiation der CPU und des Planers eingeleitet, um durch Verbinden von zwei nicht zusammenhängenden Faktoren zu einer einheitlichen neuen Vorstellung zu gelangen.
Die Verknüpfung des Auftrages: Baue eine Villa!" mit dem alten Gassenhauer "Bauen heißt Ordnen!" läßt sich als beispielhaftes gedankliches Konstrukt für den Beginn einer interaktiven Manipulation heranziehen:
Ein Blick in Stadt und Land zeigt, was Bauen bisher bedeutete. Unabhängig davon ist das Ordnen von Daten die ursprünglichste Funktion der EDV. In der Bisotiation kann ich mir nun natürlich von der CPU ihr inhärente Ordnungen als bauliche Anordnungen z.B. durch folgende commands servieren lassen:
· Ordne das Haus nach Materialien! · Ordne das Haus nach Baustoffpreisen! · Ordne die Zimmer nach m2 Größe! · Ordne Zimmer alphabetisch!
Dieser Prozeß umgeht bzw. eliminiert ohne geringste Anstrengung ratzeputz sowohl alt eingesessene Villa Vorstellungen als auch penetrant gebräuchliche Architekturmuster, wie etwa Funktionalismusgläubigkeit, Formenfetischismen oder Zwänge der Ökonomie.
Der Prozeß der interaktiven Bisotiation setzt als erste Bedingung die Loslösung des Planers von inhaltlichen Attitüden voraus, wobei die wertneutrale Struktur der CPU Unterstützung bietet. Dieser Distanzierung und Abnabelung von gewohnten Planungs- und Denkschemata kommt wesentliche Bedeutung zu, da erst dadurch ein ungezwungenes Vorgehen in den folgenden Phasen ermöglicht wird.
Eine weitere Voraussetzung für die interaktive Bisotiation ist die untendenziöse Verwendung der CPU, nämlich sie in ihrem ureigensten Metier (im gegebenen Beispiel: ordnen) einzusetzen, sie zu verwenden als das, was sie ist (Rechner, Speicher), ohne ihr Teleologien überzustülpen.
Die INTERAKTION schließt von sich aus, von vornherein, nichts aus. Die CPU Kompatibilität wirkt als einziger Filter. Alles Dahergelaufene ist willkommen, zumal es weiterführen kann.
Sie benötigt nicht architekturspezifische Programme, bedient sich vorteilhafterweise vorhandener Programme, auch artfremder Natur, und wird sich fallweise eigene schaffen.
Welches Programm läuft, wird bei der Umformulierung bestimmt: Der ursprüngliche Auftrag: Baue eine Villa! im Analogsystem wird im gegebenen Beispiel als Formulierung: Bauen heißt Ordnen! im interaktiven Digitalsystem zum command.
Die Umformulierung muß sich u.U. an der zu Verfügung stehenden hardware, kann sich aber auch an Programmen orientieren.
Hier erfolgt sie durch Abstraktion. Es können beliebige andere Kriterien angewendet werden: Adaption, Assoziation, Generalisierung, Kombination, Modifikation, Spezifizierung, Substitution etc.
In einem ersten Arbeitsschritt muß also eine Bauaufgabe, ein architektonisches Problem, umformuliert werden, um für die CPU verständlich zu sein, damit sie überhaupt manipulierfähig wird. Dieser erste Schritt ist nicht nur die Aufarbeitung für die CPU, sondern erfordert parallel dazu den Wechselschritt des Planers von der inhaltlich analogen zur interaktiv digitalen Planungsmethode.
Allein diese Notwendigkeit der Umformulierung der Aufgabenstellung bringt einen Paradigmensprung im architektonischen Denkkonzept mit sich und gleichzeitig eine andere Architektur.
Eine sehr präzise Beschreibung des Übergangs vom analogen Entwerfen zur Vorgangsweise im interaktiven Konzept findet sich in folgender Gegenüberstellung:
"To sketch ... is to transfer ideas from the mind to the paper ... to blot is to make varied spots ... producing accidential forms ... from which ideas are presented to the mind ...; To sketch is to delineate ideas; blotting suggests them". (A. Cozens: A new method of assisting the invention in drawing original compositions of landscape, 1785)
Der Entwurf ist der Transfer von Ideen vom Hirn aufs Papier ... die INTERAKTION macht verschiedene bits & pixel ... produziert zufällige Formen ... von welchen dem Hirn Ideen präsentiert werden ... Entwerfen stellt Ideen dar, begrenzt sie, die INTERAKTION schlägt sie vor. Darin versteckt ist der- wenn einmal erkannt - relativ einfache aber radikale Schritt weg vom kreativen Anthropozentrismus.
Die CPU produziert z.B. mit Hilfe des Ordnen Programms eine Anzahl von losgelösten accidential forms, Formen, die nicht gedacht, nicht abgeleitet, weder einem subjektiven Gestaltungswillen verstrickt sind, noch den traditionellen Regeln der Architektur.
Der output ist eine Vielzahl von Vorfällen (Ergebnissen). Diese sind zwar mathematische Berechnungen, aber insofern zufällig als sie, wie sie sich präsentieren im voraus nicht imaginierbar sind, nicht vorsätzlich deterministisch herbeigeführt werden können.
Das mißtrauische und autoritäre Verlangen nach Kontrolle, der Amme des Determinismus, ist auch in dieser Phase kontraproduktiv, Komplexitäten würden durch dezidierte Regelhaftigkeiten limitiert. Die CPU determiniert nicht von sich aus, sie ist absichtslos.
Somit ist Zufall auch ein Kürzel für das gleichgültige Desinteresse der INTERAKTION an Vorhersehbarkeit und Nachvollziehbarkeit.
Alle outputs sind affin, sie sind vom selben Programm generiert worden. In ihrer Affinität sind sie gleichwertig, somit ist ein output nicht Verbesserung eines anderen. (Eine Verbesserung setzt eine zeitliche Abfolge voraus. Die CPU Zeit hat nicht geschichtlichen Charakter, insofern kann sie keine Verbesserungen produzieren.)
Wesentlich hingegen ist dem Interaktivisten der Facettenreichtum. Unterschiedliche Umformulierungen, unterschiedliche hard- und software liefern unterschiedliche outputs, digitale Aneinanderreihungen. Zu den jeweiligen Unterschieden gibt es weitere Nuancierungen.
Der Interaktivist konsumiert das BINÄRE HAUS als feedback menue der CPU outputs: · den umgekehrten Fluß: vom output ins Hirn, vom Extensiven (außenliegend, Ausdehnung) zum Intensiven (intern, Intention, Intensität); · das Phänomen der musikalischen Sprache der Monitor outputs; · die Verschiedenartigkeiten der binären Erscheinungsformen.
Der Generator soll mindestens so lange laufen, bis mehr Material vorhanden ist, als die Katharsis im analog singulären Schaffensakt bringt. Das übliche Interdependenz Gestammel von Qualität versus Quantität trifft nicht die CPU: Sie produziert endlos bei gleicher Qualität.
Das Vorliegen einer größeren Anzahl von Vorfällen ist für die INTERAKTION wesentlich, zumal sie sich an diesen weiter entfaltet. U.a. erleichtert sie das Heraussondern und Erkennen wesentlicher Merkmale der Vorfälle. Das Potential der CPU ist einmal mehr Ursache für den Umgang. command: quit.
Die Gegenstandslosigkeit des danach vorliegenden Materials ist das wichtigste Charakteristikum für den interaktiven Planungsprozeß. Obwohl in der Gegenstandslosigkeit undeterminiert, liegt das Projekt fertig vor. Wir befinden uns in der Welt des object trouveé, des ready-mades, im binären Haus.
Nun findet sich ein im Alltäglichen ausgebildetes Hirn immer schnell etwas, das aussieht wie ... Das läuft wie geschmiert. Schon bekannte Inhalte werden übergeordnet (wie die Bauordnung festlegt), willkürlich (weil der Bauherr / der Planer / dieses braucht) und unwillkürlich (weil 'ES' jenes wünscht) hineingelesen. Die INTERAKTION verweist auf die Antithese von Das habe ich bewußt so gemacht!
Unter der Voraussetzung, daß veränderte Präferenzen akzeptiert werden, ist das BINÄRE HAUS sofort baubar: nimm irgendeinen der vielen Striche und deklariere ihn zum Abflußrohr! Daß etwas funktioniert (z.B. das Wasser von der Badewanne abfließt) ist nicht mehr Ziel, sondern Effekt der Namensgebung.
Striche werden in der INTERAKTION zu einem Baukörper deklariert, soferne Architektur gebaut werden soll. Die Namensgebung bestimmt den Zweck und hübsch! sagt mein Geschmack.
Der Vorteil der INTERAKTION: Die Interpretation, der Nutzen, der Gebrauch, die Anwendung sind wesentlich unterhaltsamer und flexibler als eine gebundene rigide Planung, als ein antizipiertes Bauwerk es sein kann.
Das ist das Schnellverfahren: bits & pixel, Punkte, Striche, Flächen (Kubaturen) sind generiert, das BINÄRE HAUS wird zur Villa decodiert, lediglich die Materialisierung und die Verwendung fehlen.
Die INTERAKTION macht dabei in dieser Planungsphase mit den Strichen schon das, was schlaue Nutzer mit den gegenständlichen Produkten der Architekten machen es sich so richten, wie man es will. Das ist Beweglichkeit in der Einstellung, nicht Tischerlrücken am Monitor.
Es ist ersichtlich, daß das Verweilen in der Gegenstandslosigkeit durch das Schnellverfahren unterlaufen wird. Jedoch können weitere Schritte der INTERAKTION die Konkretisierung (die Interpretation zum zweckhaften Objekt) noch weiter hinausschieben.
Die Abstraktion soll möglichst lange aufrecht erhalten bleiben, da die übliche Tendenz, mit jedem Planungsschritt die Material- und Funktionsfrage zunehmend zu determinieren, das BINÄRE HAUS demoliert. Material und Zweck, diese Elemente konventioneller Architektur, werden vorerst nicht bzw. als krypton behandelt.
Indem Vorfälle austauschbar gelesen werden, wird durch Mehrdeutigkeit auf die voreilige, eineindeutige Festlegung zugunsten weiterer Vorfälle verzichtet.
Zusätzliche Formulierungen und neue Umformulierungen können im recycling gefunden werden, indem Farben (Farbänderungen), Striche, Punkte, das BINÄRE HAUS selbst als tatsächlich von unbekanntem Inhalt behandelt werden: Was könnten sie nicht alles sein!? Erfinderisch wird das Neue und das Mißverständnis behauptet.
Die Ausgangsposition ist nun schon wesentlich verändert, die Formulierungen sind weitaus offener, als es die erste Umformulierung war.
Mit diesem Verständnis werden neue INTERAKTIONs- bzw. CPU Schleifen angezettelt, wie schon praktiziert, werden neuerlich Vorfälle generiert.
Die interaktive Architekturproduktion wird durch diesen Ablauf zum Füllhorn, zeichnet sich durch Vielschichtigkeit aus. Das Ergebnis eines Arbeitsdurchgangs reicht für mehrere Projekte. Die Produktionsmenge war dem industriellen Zeitalter ein Problem, der INTERAKTION ist sie Trivialität.
Der Überfluß an Material wirkt sich in erhöhter Beweglichkeit des Projekts und des Interaktivisten aus. Er dient der Animation, der Simulation, wird nicht durch Auswahl eingeschränkt.
Eine Evaluation der Produkte (jenseits des Erfolgs bzw. meines Interesses) ist vermutlich systemfremd, d.h., die INTERAKTION kennt keine bestimmten, vorbestimmten Regeln der Bewertung.
Gleichzeitig ist mir klar, daß in diesem besonderen Freiraum Ergebnisse weniger abgesichert sind. Die Möglichkeit von Extremlösungen, blödsinnigen Ergebnissen (z.B.: Der Strich, der zum Abflußrohr deklariert wurde, ist zu kurz!) liegt nahe; die erhöhte Beweglichkeit, die zu diesen führte, wird nun aber auch ein partout Festhalten an diesen vermeiden, wird wissen, wie weiter mit ihnen umzugehen ist.
Die auffallend vielen pixel in der Präsentation sollen nicht davon ablenken, daß die INTERAKTION vom allerersten Schritt an geänderte Planungsparameter in die Projekte einbringt. Natürlich können auch INTERAKTIONs Produkte nach den alten Kriterien Funktion Form Konstruktion betrachtet werden, jedoch bleibt dabei offen, wieweit eben diese Brille auch etwas anderes sehen kann.
Der interaktive Umgang mit der CPU ist also ein methodischer, konzeptioneller Ansatz für eine autonome Architektur.
Axiome der Interaktion
1 | Die INTERAKTION transformiert das BINÄRE HAUS. |
2 | Sie kennt keine vorgefaßten Bilder. |
3 | Die CPU agiert untendenziös und will so verwendet sein. |
4 | Sie fordert die Loslösung des Planers von inhaltlichen Attitüden. |
5 | Sie benötigt nicht architekturspezifische Programme. |
6 | Die CPU produziert endlos bei gleicher Qualität. |
7 | Outputs sind eine Vielzahl von Vorfällen. |
8 | Ein output ist nicht Verbesserung eines anderen. |
9 | Die Abstraktion soll möglichst lange aufrecht erhalten bleiben. |
10 | Striche werden in der INTERAKTION decodiert. |
11 | Erfinderisch wird das Neue und das Mißverständnis behauptet. |
12 | Die Namensgebung bestimmt den Zweck. |
13 | Zusätzliche Formulierungen werden im recycling gefunden. |
14 | Die interaktive Architekturproduktion wird zum Füllhorn. |
15 | Das BINÄRE HAUS wird zum realisierbaren Baukörper deklariert. |