Wohnbebauung Seiersberg
Competition 1987; 160 flats, 65 attached houses
first building finished: 1991; 24 flats, 1 shop
Manfred Wolff-Plottegg, Architect Graz / Austria 

 



 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


 
 
 


 
 
 


 
 
 
 
 
 
 


 
 
 
 
 
 
 


 
 
 
 
 
 


 
 
 
 


Nach dem Salto Mortale
Christian Kühn (siehe "Die Presse" / Spectrum 20. Aug. 1994)

Der Wohnbau in der Steiermark zeichnete sich jahrelang durch architektonische Vielfalt und Qualität aus. Wolff-Plotteggs Seiersberger Wohnsiedlung als Beispiel für ein bedrohtes Förderungsmodell:

In Robert Altmanns Film "Shortcuts"gibt es eine Sequenz, die sich auf drastische Art mit der veränderten Perspektive des Wohnens auseinandersetzt: ein eifersüchtiger Mann dringt in das Haus seiner Ex-Frau ein, während diese mit ihrem kleinen Sohn das Wochenende am Meer verbringt. Mit einer Säge beginnt er, das gesamte Mobiliar und den Hausrat zu zerkleinern und entlang der Wände des Wohnzimmers aufzuhäufen. Einzig der Fernseher bleibt verschont und wird in der leeren Mitte des Raums aufgestellt. Als die Frau nach Hause kommt, bleibt sie sprachlos an der Türe stehen. Ihr kleiner Sohn dagegen wirft nur einen kurzen Blick auf das zerstörte Interieur, setzt sich dann seelenruhig vor den Fernseher und schaltet zwischen den Programmen hin und her.
Diese Geschichte beleuchtet eine inhaltliche Krise des Wohnbaus, die unabhängig ist von den aktuellen quantitativen Problemen. Um diese Krise richtig zu verstehen, ist es hilfreich, sich die existentielle Bedeutung des Wohnens als "Grundzug des Menschseins" in Erinnerung zu rufen, wie sie Martin Heidegger in seinem Vortrag "Bauen Wohnen Denken" beschrieben hat. Heidegger leitet den Begriff des Wohnens vom gotischen "wunian" ab, das er als "Zufrieden-Sein" übersetzt, und gelangt von dort zu den Begriffen der "Ein-Friedung" und der "Schonung": Das Bauen stellt Zufrieden-Sein her, indem es einfriedet, also durch Schonung bewahrt, und ermöglicht so das Wohnen.
Die radikale Verwandlung des Raumbegriffs, die wir heute erleben, macht diesen Zusammenhang fragwürdig. Je mehr sich die Kategorien von drinnen und draußen, von nah und entfernt, von öffentlich und privat auflösen, desto weniger zwingend erscheint die Verbindung zwischen dem Wohnen im existentiellen Sinn und dem realen Raum. Fernseher, Fax und Computermodem schaffen - als Werkzeuge der Entgrenzung - einen bewohnbaren Raum außerhalb des gebauten. Schon für die nächste Generation könnte dieser virtuelle Raum der wesentlichen Bezugsraum ihres Wohnens sein.
Statt sich auf diese Problematik ernsthaft einzulassen, reagiert die Mehrheit der Architekten mit Skepsis. Können ein paar neue Kommunikationstechniken denn wirklich die bewährten Grundrisstypologien durcheinanderbringen? Gibt es überhaupt spürbare Auswirkungen auf die Funktionsabläufe des Wohnens? Werden wir nicht weiterhin "Wohnzimmer", "Schlafzimmer" und "Küche" in die Pläne unserer Wohnungen schreiben, ganz gleich, ob es dort einen Fernseher oder ein Fax oder ein Computermodem gibt?
Diese Einwände sind freilich nur solange sinnvoll, als man Bauen und Wohnen als einen Prozeß von Produktion und Konsum versteht. Spricht man vom Wohnen jedoch im Heideggerschen Sinn als von einem "Grundzug des Menschseins", dann stellen sich ganz andere Fragen: Was bedeutet Wohnen angesichts eines virtuellen Raums? In welchem Verhältnis steht dieser zum realen Raum? Und was sind schließlich die Konsequenzen für die Architektur als künstlerische Disziplin, wenn immer mehr Lebensfunktionen unabhängig werden von den konkreten räumlichen Bedingungen?
An diesem Punkt setzen die Arbeiten des Grazer Architekten Manfred Wolff-Plottegg an. Seit Mitte der achtziger Jahre beschäftigt er sich mit der Suche nach architektonischen Handlungsweisen, die der Revolution der Wahrnehmung durch die digitalen Medien - die nur mit jener nach der Einführung der Perspektive in der Renaissance zu vergleichen ist - angemessen sind.
Für Plottegg ist die Architektur heute "kulturell und wissenschaftlich schon lange nicht mehr auf dem laufenden, die benutzten Architekturtheorien abgekoppelt vom Objekt." Er mißtraut einer Architektur, die ihre wesentliche Aufgabe im Zuordnen von Symbolen sieht: "Es gibt nicht mehr den sakralen Ort, den magischen Ort, den Ort als Bedeutungsträger. Der Himmel ist nicht mehr 'oben' und die Hölle nicht mehr 'unten'. Der Raum ist keine Schachtel mehr und das Zimmer kein Rechteck."
Indem konventionelle Entwurfsmethoden ununterbrochen etwas festlegen wollen, geraten ihre Produkte oft genug zu leblosen formalen Konstrukten. Plottegg operiert dagegen mit Begriffen wie der "digitalen Architektur" und dem "binären Haus", dessen formale Festlegung so spät wie möglich erfolgt und die sich auch dann noch Freiheitsgrade bewahren. Sein Medium ist der Computer, der es erleichtert, auf verfrühte Festlegungen zu verzichten und durch seine Indifferenz gegenüber allen Symbolismen "die Formensprache und damit die analoge Architektur auflöst".
Daß man gerade nach einem solchen architekturtheoretischen Salto Mortale wieder mit beiden Beinen am Boden aufkommen kann, hat Plottegg mit seiner Wohnbebauung in Seiersberg südlich von Graz bewiesen. Das Gesamtkonzept, das für insgesamt 165 Geschoßwohnungen und 65 Reihenhäuser konzipiert ist, zeichnet sich durch eine außergewöhnliche städtische Qualität aus. Die bestehende Bebauung aus den siebziger Jahren -viergeschoßige Blöcke, die beziehungslos am Ostrand des Grundstücks aufgereiht sind - wird durch eine quer über das Grundstück laufende Parkanlage und ein neues Fußwegesystem eingebunden. Die Anordnung der neuen Bebauung orientiert sich nicht an den bekannten Konzepten von Block oder Zeile: Durch sorgfältige Ausbildung der Berührungspunkte zwischen den Baukörpern, durch klug kalkulierte Verdrehungen und durch Fußwege, die immer wieder auch durch die Bebauung hindurchgeführt werden, entsteht ein urbanes Geflecht mit spannungsreichen räumlichen Beziehungen, die auf symbolische Etikettierungen- im Sinn von "Platz, Anger, Straße"- getrost verzichten können.
Bisher ist erst ein Abschnitt dieses Konzepts ausgeführt worden, ein langgestreckter, West-Ost orientierter Bau mit 24 Wohnungen auf vier Geschoßen. An der Südseite sind von einem Gitterträger durchlaufende Balkone abgehängt, die eine halb öffentliche, halb private Raumschicht vor der eigentlichen Fassade erzeugen. Der Gitterträger selbst ist leicht schräg geführt und steigt über die Länge der Fassade um ein halbes Geschoß an, um einen Niveausprung, de r sich aus der inneren Organisation ergibt, auszugleichen.
Nähert man sich dem Gebäude, löst sich die monolithische Erscheinung auf: man erkennt vier unabhängige Häuser unter einem Dach, zwischen denen die Treppen so geführt sind, daß man beim Hinaufsteigen immer wieder aus dem Baukörper ins Freie gelangt und dabei die verschiedenen Raumschichten durchdringt. Ein ähnliches Prinzip der Durchlässigkeit charakterisiert auch die Wohnungsgrundrisse: Türen und Fenster sind raumhoch und so gesetzt, daß räumlichen "Endlosschleifen"entstehen und die Wohnungen bei aller im geförderten Wohnbau notwendigen Sparsamkeit eine ungewöhnliche Großzügigkeit erhalten. Eine geschickte Verdrehung zweier Achssysteme macht die Zimmer zusätzlich leicht trapezförmig, was hier kein formaler Gag ist, sondern die Räume trotz der geringen Tiefe des Baukörpers größer erscheinen läßt. Ästhetisch paßt dieses Gebäude in keine der gängigen Richtungen. Trotz der klaren Ordnung der Südfassade mit Pfeilern und regelmäßigen Öffnungen ist es nicht klassisch. Ebensowenig ist es dekonstruktiv: die Schrägen, die Überlagerungen, die Brüche sind nicht selbstbezügliche formale Übungen, sondern instrumentell. Und trotz der Verwendung von industriellen Materialien wie Trapezblech und verzinkten Stahlprofilen ist es technisch beinahe roh, aber zugleich ohne ästhetische Verluste veränderbar, ergänzbar.
Trotzdem ist dieses Gebäude kein Experimentalbau, sondern eine direkte, von keinerlei symbolischen und historischen Phantasmagorien verstellte Auseinandersetzung mit der Aufgabe. Plottegs Architektur bezieht ihre Rechtfertigung nicht aus dem formalen und ideologischen Fundus von Palladio bis Corbusier, sondern aus dem schöpferischen Potential des konkreten Jetzt. Das gibt ihr Kraft und Lebendigkeit, sich in einer aperspektivischen Welt zu behaupten, in der alles Sichtbare zum gleichgültigen Bild zu werden droht.
Es gibt freilich nur wenige Bauträger, die im Wohnbau mehr sehen als eine Frage von Quadratmetern und Förderungsmitteln. Auch in Seiersberg hat die verantwortliche Wohnbaugenossenschaft im Rahmen von Plotteggs Bebauungsplan inzwischen Reihenhäuser errichten lassen, deren gestalterische Armseligkeit den Absichten dieses Plans Hohn spricht. Und auch jener Pluralismus, der den steirischen Wohnbau bisher ausgezeichnet hat, ist zwar nicht ganz verschwunden, aber doch politisch unter Druck geraten.
Die Zeiten, so hört man, seien so ernst, daß man sich auf "architektonische Extravaganzen" nicht mehr einlassen könne. Man sollte sich freilich daran erinnern, was Martin Heidegger 1951 - also in einer Zeit größter Wohnungsnot - zu diesem Thema zu sagen hatte: "Genug wäre gewonnen, wenn Wohnen und Bauen in das Fragwürdige gelangten und so etwas Denkwürdiges blieben." 


Angesichts des einen, nicht als Fragment dastehenden Blocks der Wohnanlage, dessen Architektur nichts mit Historismus im Sinne hatte, wird man unwillkürlich an die über ein Jahrhundert zurückliegende Tradition des steirischen Arbeiterwohnhauses erinnert. Die alten Laubenganghäuser der Erz-, Eisen- und Kohlenregionen, mit ihen minimalisierten Privaträumen und den im Verhältnis überdimensionalen Erschließungszonen, sind mit den umgedrehten Werten des modernen Wohnblocks hier eine Art geniale Synthese eingegangen. Das Alte steckt also nicht in der Konvention, sondern ausschließlich im Umgang mit ihr. Plottegg entwickelte einen Zweispännertyp, legte selbstverständlich die privatisierte Außenraumschicht der Balkone nach Süden und geht mit der Erschließung durch sie hindurch. Dadurch wird nicht nur die Hermetik von "Vorne" und "Hinten" zerstört, sondern es entsteht eine Vernetzung von privater und öffentlicher Sphäre als Kommunikationsraum. Noch mehr: die zellenartig zusammengesetzte "Aktionsfläche" gerät durch den mächtigen Gitterträger für die Balkonaufhängung zu einer Art mehrgeschoßigen "Simutanbühne", die bereits ihre Szenarien entwickelt. Ebebenso warten die luftigen Treppenhäuser auf die "Okupation" durch die Bewohner. Das Charakteristikum der Wohnungen liegt in ihrer visuellen Durchlässigkeit. Die vom Boden bis zur Decke reichenden Fenster und Türen geben der räumlichen Sparsamkeit eine gewisse Noblesse. Die Grundrisse bilden räumliche "Endlosschleifen", sogar mit einer kleinen Bandbreite an Flexibilität. Zusätzlich sind die wichtigsten Räume trapetzförmig, da das Auge immer die größeren Dimensionen wahrnimmt. Ein ähnlicher Trick erweitert die Raumschicht der Balkons: der durchlaufende Gitterträger ist etwas schräg angesetzt, sodaß sich der Nutzraum von visuellen leicht ablöst. Die großstädtische Konzeption, die man in Graz als opositionelle Haltung interpretieren könnte, entwickelt auf der Rückseite des Blocks eine fast manifestartige Sprachlichkeit. Hier wird die transparente Streifen- (Pfeiler-) Fassade in dem Sinne "maßstabslos", als sie ihre Länge und Höhe zugunsten einer Großform verunklärt: es entsteht ein Dialog mit den Dimensionen der Peripherie, hier wird ein anderer Raumzusammenhang wahrgenommen, als jener gärtnerischer Obsessionen. Trotzdem dringt auch die Idylle des Wohnens durch die Ritzen der Struktur - die gläsernen Parapete verraten die Wucherungen des Wohnglücks, konfliktgeladen, unduldsam, erbarmungslos geronnen zum Ornament der Alltäglichkeit und des Zufalls.

Friedrich Achleitner 


Sachlichkeit als Substrat von Erscheinungen der „Grazer Schule“
Anmerkungen zu zwei Wohnbauprojekten von Manfred Wolff-Plottegg (siehe Wettbewerbe 111/112 1992)

Der Wohnbau hierzulande war im letzten Jahrzehnt durch zwei Besonderheiten innerhalb eines Zwischenhochs geprägt. Die eine war die verstärkte Auseinandersetzung mit Architekturtendenzen, die in der scharfen Konkurrenz zahlreicher Wettbewerbe kumulierte, die andere der Umgang mit Mitbestimmung und Beteiligung, die in den Richtlinien zur Wohnbauförderung vorübergehend festgeschrieben wurden. Für beide Erscheinungen war der Anfang durch markante Impulse, durch einen deutlichen Innovationsschritt, gekennzeichnet. Durch solche Impulse schwellen Aktivitäten zu einem Wellenberg an und hinterlassen nach dessen Auslaufen in einer Art Ernüchterung einen substantiellen Bodensatz. In der architektonischen Auseinandersetzung war die Diskussion über Raumorganisation und Funktionsüberlagerungen in den Plandarstellungen deutlich abzulesen. Der Zwang der Orthogonalität wurde überwunden, spätestens nach dem auslösenden Beispiel von Richard Meyer, der bei seinem Museum in Frankfurt am Main - aus der örtlichen Situation abgeleitet - Grundrißüberlagerungen aus der Orthogonalität herausgedreht hat. Dieser „Befreiungsschritt“ hat eine Unzahl von Epigonen auf den Plan gerufen und wurde zum architektonischen Zitat. Allerdings wurde die Frage nach dem Sinn solcher Entscheidungen nicht mehr gestellt, es fanden sich diese vielmehr im Vokabular eines modischen Formalismus wieder. Heute finden sich im „substantiellen“ Bodensatz als dazugewonnener Freiheit Möglichkeiten, eine neue Sachlichkeit zu überprüfen - eine Wiederentdeckung. Technische Details entwickeln sich aus ökonomischen Einsatz von Materialien in Dimension und Herstellung. Die Vielzahl der einfachen Details ergeben als Elemente eines Systems ein komplexes Ganzes. Aus den Erfahrungen der Mitbestimmungs- und Beteiligungsprozesse hat sich ein sinnvolles Verhältnis zwischen architektonischen Vorgaben und den Funktionsinterventionen der Nutzer ergeben, war doch die Nutzermitbestimmung vergangener Jahre durch die Auseinandersetzung über Formen und Klischees belastet.
Die Auseinandersetzung von Nutzerwünschen, sachlicher architektonischer Formensprache, die sich aus dem Detail und einer sinnvollen Raumorganisation ableitet, ist in den neuen Wohnbauprojekten von Manfred Wolff-Plottegg deutlich abzulesen. Zwei hervorragende Beispiele sind seine fertiggestellten Wohnbauprojekte, jeweils Siegerprojekte aus Wohnbauwettbewerben. Schon in der städtebaulichen Disposition werden Bedingungen des Grundstückes und der angrenzenden Bebauung durch sachliche Einbeziehung zu Faktoren des Entwurfes.
Das führt im Projekt Seiersberg zu einer Selbstverständlichkeit der Einbindung der Baumassen, ohne sich dem Bestand anzubiedern. Die Konstruktion ist durch den schichtweisen Aufbau ablesbar und ökonomisch durchgebildet. Wiederkehrende Elemente werden als Serie eingesetzt und bilden durch ihre Überlagerung stets abwechslungsreiche Durchsichten. Die betonte Ausformung des leicht geneigten Hauptträgers für die Fassadenkonstruktion bindet den Baukörper und gibt dem Gebäude seine Identität.
Beim Projekt Leoben ergibt sich die sachbezogene Auslegung der Abstandsregeln im kleinen Grundstück die Organisation, Erschließung und Ausformung der Baukörper, so zum Beispiel bis hin zu einer schräggestellten Strinfassade. Die Überlagerung beider städtebaulichen Entscheidungen und der bei beiden Projekten signifikanten Grundrißorganisation, die durch eine „Mitbestimmungszone“ geknnzeichnet ist und durch ihre Lage Nutzungsalternativen in der Raumaufteilung bietet, führt zu einer unverwechselbaren Ausformung, die ästhetisch der Bedeutung des sozialen Wohnbaues adäquat ist und eine erfrischende architektonische Ausstrahlung besitzt - eine neue Sachlichkeit, die unserem Verständnis wieder neu ist und gut (tut).

Eilfried Huth


Die Wohnbebauung Seiersberg liegt im Süden von Graz, an der Nahtstelle der ehemaligen Vorstadt Strassgang und den schmalen landwirtschaftlichen Parzellen des Grazer Feldes. Sie sieht auf einem Areal von ca 50.000 m2 im Endausbau 160 Geschoßwohnungen und 65 Reihenhäuser vor.

Der Baukörper des 1. Bauabschnittes mit 24 Geschoßwohnungen steht vorläufig etwas alleine im brettlebenen Acker. Lediglich die freistehende Treppenanlage im Südwesten und das Nordstiegenhaus zeigen schon jetzt die Anschlüsse für die Koppelung weiterer Bauabschnitte. Der ost-west gerichtete schmale 4-geschoßige Baukörper wird durch 2 hüftige Treppenanlagen geteilt, wodurch für das Objekt und die Gesamtanlage ein druchgängiges Fußgängernetz entsteht. Im Osten liegen 2 Wohngeschoße über dem 1 1/2 geschoßhohen Geschäft. Der Baukörper zeigt sich nach Süden durch die großen dreiteiligen Glaselemente und durch die durchgehenden (horizontalen!) Balkone offen, nach Norden durch die schmalen vertikalen Fenster geschlossen.

Konstruktiv ist der Baukörper auf minimalisierten Aufwand reduziert: N S Wände (Treppenhaus- und Wohnungstrennwände) in Schottenbauweise aus Ziegeln, die Nord- und Südfassade in Skelettbauweise aus Stahlbetonfertigteilen, die Flachdecken im Inneren von Pfeilern gestützt. Dadurch wird der Grundriß geometrisch nicht belastet, alle Trennwände werden in Leichtbauweise ausgeführt. Die Treppenhäuser und die vorgesetzte Südfassaden Stahlkonstruktion sind - bauphysikalisch getrennt - addiert. Die Bauteile sind seriell-industriell (Stb.-Fertigteile, Treppenanlagen, je ein Fenstertyp für Norden bzw. für Süden, etc.)

Die Wohnungen legen Wert auf einen diskreten Grundriß, dh. daß alle Zimmer erreichbar sind ohne in anderen Zimmern zu stören. Dieses Prinzip wird erreicht durch interne Umläufe, Sackgassen werden vermieden. Die Mittelzone (zwischen den Pfeilern, Kaminen und Schächten) sind für Grundrißvariationen vorgesehen, die Zone zwischen Südfassade und vorgehängter Stahlkonstruktion ist eine Ausweitung des inneren Grundrißes.

Die Vorgänger der jetztigen Geschäftsführung des Bauträgers (= Wohnbaugenossenschaft GGW) hat 30 Reihenhäuser nicht dem Wettbewerbspreisträger, sondern einem anderen Planungsbüro übertragen - bedauerlich insoferne, als das Ergebnis in krassem Widerspruch zum Gesamtkonzept und zur architektonischen Qualität des hier vorgestellten Geschoßwohnbaues steht. Diese Vorgangsweise konterkariert natürlich auch den Versuch, durch städtebauliche und baukünstlerische Wettbewerbe die Qualität des sozialen Wohnbaues zu heben. Die Ursache liegt - wie auch an anderen aktuellen Beispielen nachweisbar - an den überkommenen branchenbekannten Verfilzungen..............

Plottegg 1992

PS. 1996
Zwischenzeitlich wurden weitere 60 Wohnungen errichtet, wovon ich "unter der Federführung" eines anderen Architekten die Planung für 20 Wohnungen ausführte. Die Bauleitung wurde von der Wohnbaugenossenschaft durchgeführt, es erfolgten aus städtebaulicher und architektonischer Sicht katastrophale Änderungen des Projektes.