1 Die Auffassung der Gebäude als Körper zeitigt, nebenbei bemerkt, als Korollar auch das Problem der Fassade. Wäre das Bauwerk ein System aus gleichwertigen Teilen, würde sich die Fassade logisch aus der Gestaltung der Innenräume des Gebäudes ergeben. Denkt man aber von einem Gebäude in Begriffen eines "Baukörpers", wird die Fassade als Haut isoliert. Die vom "Baukörper" isolierte Fassade stellt ein Problem dar und muß daher geschmückt werden (Historismus bis Hundertwasser), am besten mit der schlechtesten Kunst, die es gibt: der Kunst am Bau.
2 In der Tradition dieser Auffassung von Architektur als Gebäude übernehmen Möbel und Inneneinrichtung die Funktion von leiblichen Organen. Daher rührt die Neigung und der universale Anspruch vieler Architekten, nicht nur Häuser zu bauen, sondern auch Mode und Design zu zeichnen. Architektur als körperbezogene Metasprache.
3 Selbst Marshall McLuhan / Quentin Fiore gehen in The Medium is the Massage (1967) noch prinzipiell von einer Körperbezogenheit aus: "The wheel is an extension of the foot, the book is an extension of the eye, clothing an extension of the skin, electric circuitry an extension of the central nervous system ...".
4 In den Jahren 1920 bis 1925, als Le Corbusier mit dem Maler A. Ozenfant das Magazin L'Esprit nouveau herausgab, sammelte er zahlreiche Industrie-Kataloge, Firmenbroschüren etc. über Automobile, Flugzeuge, Turbinen, Lampen, Ventilatoren, deren Fotografien er in L'Esprit nouveau und in den fünf Büchern, die er in diesen Jahren herausbrachte (Vers une architecture, Urbanism, L'Art decoratif d'aujourd'hui, La Peinture moderne, Almanach de l'architecture moderne), abbildete. Die Tatsache aber, daß Le Corbusier nicht nur baute, sondern für die Verbreitung seiner Ideen sogar eine Zeitschrift gründete, zeigt, daß er sich nicht nur des Maschinenzeitalters bewußt war, sondern auch des beginnenden Medienzeitalters, der Printmedien, der Reklame, der Massenmedien, der Wirkung der Fotografie, die das Bauen selbst beeinflußten. Ginge es Le Corbusier nur um seine Gebäude als Medium seiner architektonsichen Absichten, hätte er sich nicht ein zweites Medium, das Magazin, für die Darstellung seines architektonischen Programmes gewählt. Er benützte also die Medien nicht nur zur Propagierung seiner Ideen, sondern er verwendete die Medien als Architektur. Er verband intuitiv den Mythos der Moderne mit Maschinen und Medien. Deswegen war er selbst von den Produkt-Broschüren so fasziniert, weil er spürte, wie die Massenmedien alles in Waren und Fetische verwandelten, auch die Architektur. Vgl. dazu auch Beatriz Colomina: Privacy and Publicity: Modern architecture as Mass Media. MIT Press 1994.
5 Diese Ästhetisierung der Maschine bewundert sogar die schöne technische Form von Kampfbombern und übersieht die Systembotschaft der Maschine. Noch um 1890 ging F. W. Taylor im Scientific Management von einer extremen Position des Maschinenzeitalters aus, daß der menschliche Körper mit den Maschinen einer Fabrik mithalten müsse. Maschinen sind schneller, ermüden nicht, daher müsse man den Menschen an die Maschinen anpassen, ihn wie eine Maschine einsetzen, zu einer Maschine machen: Fließbandarbeit mit Zeitvorgaben: Taylorismus.
6 Die visionären Zeichnungen waren noch Standbilder wie in einem Comic, damals gab es eben noch keine Computeranimation.
7 Nicht zuletzt aus diesem Zusammenhang erklärt sich, warum es heute in Österreich praktisch keine Fertighausindustrie gibt.
8 Das retardierende Klima veranlaßte Josef Frank, Frederic Kiesler, Rudolph Schindler u.a. schon früh auszuwandern. Im Austrofaschismus und im 3. Reich wurde die Reinheit von Körper, Material, Handwerk geradezu fundamentalistisch vertreten.
9 Was in Amerika aus Pappmaché, Sperrholz und Plastik herausgepreßt wird, muß speziell in Wien aus Marmor, Vollholz etc. sein.
10 Nicholas Negroponte: The Architecture Machine. MIT Press 1970.
11 Die interessantesten Entwürfe einer Maschinen-Architektur stammen augenblicklich von Daniel Libeskind, nämlich Architektur als Lese-Maschine, als Gedächtnis-Maschine, als Schreib-Maschine. Er beruft sich dabei auf Vitruv, der gesagt habe, ein Architekt soll zuallererst ein Maschine bauen, und auf die Gedächtnis-Maschine des Architekten Giulio Camillo (16. Jhdt.). Siehe Architektur Intermundium. In: Daniel Libeskind, Kein Ort an seiner Stelle. Verlag der Kunst. Dresden & Basel 1995. S. 172 ff. Vgl. auch Frances A. Yates, The Art of Memory. Routledge & Kegan, London 1966.
12 Siehe: Karl Gerbel, Peter Weibel: Intelligente Ambiente. Ars Electronica Linz, PVS Verlag Wien. 1994.
13 Bernhard Cache: Earth Moves. MIT Press 1995. Siehe auch: Folding in Architecture. Architectural Design. London.
14 Vgl. hierzu: Gerhard Schmitt: Architectura et Machina. ETH Zürich. 1994. Die Geschichtsmächtigkeit der Maschinenmetapher erkennt man daran, daß ein Buch über computerunterstützte Architektur den Maschinenbegriff im Titel führt.
15 Weibel & Plottegg: Seminar für Experimentelle Architektur und Algorithmendesign, Vortrag an der Universität Innsbruck, 30. Mai 1996.
16 Siehe hierzu: Die Metamorphose einer Stadtwohnung. Alles hat einen ihm zugewiesenen Platz, und es wird ständig der die Phantasie erniedrigende Aufwand betrieben, daß das einmal Festgelegte auch wirklich in jeder Situation stimmt. Hier wird das Aufräumen und Abstauben zum auffallendsten Prinzip der vorherrschenden Wohnkultur.
17 Was es deshalb u.a. nicht gibt: die Dachrinne am Dachfirst, die Türe am Plafond, die Türschnalle an der Klobrille, den Stephansturm am Großglockner.
18 Siehe auch Mark Wigley: Architektur ist immer eine zentrale kulturelle Einheit gewesen und wird vor allem deswegen geschätzt, weil sie für Stabilität und Ordnung sorgt. In: Philip Johnson, Mark Wigley (Hg.), Dekonstruktivistische Architektur, Verlag Gerd Hatje, Stuttgart 1988, S. 10.
19 Auch im Cyberspace, selbst in der Ortlosigkeit des Internet, werden Begriffe wie site, neighbourhood etc. verwendet; und der finnische server zur Camouflage der Adressen wird aus "höheren staatlichen Interessen" stillgelegt.
20 Siehe: Daniel Libeskind, Notizen zu einem Vortrag (1984): (...) drahtlose Mikrostationen, die Signale aussenden, die wie keine anderen dazu disponiert sind, den durch die Entfernung objektiven Kadaver enthüllten spirituellen Raum zu bestimmen. (...) Solchermaßen durch eine Erfahrung von raumlosem Ort hervorgebracht, öffnet sich eine nicht visualisierbare Sphäre (...) der nicht mehr sichbare Raum (...) in der Maske des Ortes. In: op. cit. S. 198 ff.
21 Diese Diktionen unterscheiden sich wesentlich von der bisherigen architektonischen Trinität bzw. den Forderungen, man möge doch endlich die 4. Dimension anwenden.
22 Bislang war es wenig problematisch, sich mit seinem Körper an einem Ort zu befinden, der Teil des wirklichen Raumes ist. Der Ort war hier, wo sich der Körper befindet, um den herum er sich entfaltet. Man konnte höchstens mental, mit Hilfe der Imagination und der sie unterstützenden Medien wie Sprache, Schrift, Bild gleichzeitig woanders sein. Aber dazu mußte man seinen Körper zurücklassen und war nicht "wirklich" dort. Um wirklich und nicht nur in einer Repräsentation an einem anderen Ort zu sein, mußte der Körper mitgenommen werden. Das Telefon war das erste Medium, um sich wirklich, d.h. auch physikalisch, an einen anderen Ort zu begeben - unter der Bedingung, daß man sich nun gleichzeitig an zwei Orten befindet: an dem, in dem der Körper ist, und an dem anderen, in dem die Stimme zu jemand anderen spricht und das Ohr dessen Antworten registriert. Das Medium Telefon ist eine Extension des Körpers, genauer: eine partielle Extension.Stimme und Ohr reichen plötzlich in einen Tausende von Kilometern entfernten Ort hinein, überbrücken den dazwischenliegenden Raum und schaffen für das Erleben den ersten virtuellen Raum, der sich weder hier noch dort, sondern irgendwo dazwischen oder nirgendwo befindet. Das ist beeindruckend genug; doch mit der Heraufkunft der sogenannten Virtuellen Realität oder der Techniken der Telepräsenz und der Telemotorik ist es möglich, immer weitere Teile seines Körpers in den virtuellen Raum mitzunehmen, also sich immer stärker in der Situation zu befinden, gleichzeitig hier und dort zu sein. (...) mit dem Aufbrechen der Verankerung des eigenen Körpers an einem Ort und dem gleichzeitigen Aufenthalt in zwei Räumen entsteht der irritierende Eindruck der Ortlosigkeit. In: Florian Rötzer: Die Telepolis, Urbanität im digitalen Zeitalter. Bollmann, Mannheim, 1995
23 Peter Eisenman: Aura und Exzeß. Wien: Passagen 1995, S. 194. Vgl. insbesonders seinen Aufsatz Visions' Unfolding, Architektur im Zeitalter der elektronischen Medien. (Domus, Jänner 1992, S. 17-24. Wiederabdruck in Aura und Exzeß).
25 Die Wand bricht auf, und zwar in einer mehrdeutigen Weise. Bei jedem Projekt ist die traditionelle Struktur paralleler Ebenen, die innerhalb einer regelmäßigen Form über einer Grundfläche aufgestapelt sind, verzerrt (...) Dieses Vorgehen schafft ein Gefühl des Unbehagens, wenn Fußboden und Wände aus der Fassung geraten. Mark Wigley. In: Dekonstuktivistische Architektur, 1988, S. 18/19.
27 Manfred Plottegg: Das binäre Haus. Austellungkatalog Architekturgalerie München 1989. Das binären Haus ist ortlos, weil die Grenzen - oben, unten udgl. -, die Raumvorstellungen aufgehoben sind. Im binären Haus ist die Begrifflichkeit (Funktionen) aufgehoben, aber es gibt Regionen mit höherer Informationsdichte.
28 Unter dem Titel Ortlos - Der neue Raum hatte daher die Neue Galerie Graz die trigon-Ausstellung 1995 geplant. In dieser Ausstellung wären Beispiele von Architekten, Designern, Bühnenbildnern, Modeschöpfern, Tänzern und bildenden Künstlern versammelt gewesen, welche den Diskurs der Dislokation vorgeführt hätten. Auf Grund mangelnden Verständnisses des Intendanten des steirischen herbstes (H. G. Haberl) für die Relevanz des Themas wurde keine Subvention gewährt und mußte diese Ausstellung abgesagt werden. Statt dessen versuchte die Neue Galerie, mit einer Retrospektive der interaktiven Computerinstallationen von Jeffrey Shaw mit dem Titel Place - a user's manual dieses Thema abzuhandeln.
29 Daniel Libeskind, Kein Ort an seiner Stelle. S 44. Vgl. auch: Die Signatur der Architektur enteignet und kann nicht mehr im Sinne der Präsenz gedacht werden. op. cit. S 238
30 Siehe auch: Cynthia C. Davidson: Anyplace. MIT Press 1995 mit den Artikeln The placeless Anyplace von Cynthia C. Davidson, Fabrication of anyplace von Akira Asada / Arata Isozaki etc.
31 Die Entwicklungsgeschichte der Einfriedungen von den Zyklopenmauern angefangen bis zu den heutigen quasi immateriellen elektronischen Sicherungen ist ein deutlicher Beleg dafür.
32 Siehe die interaktive Computerinstallation Der Vorhang von Lascaux (1994) von Peter Weibel. Eine interaktive Ziegelwand reagiert auf Bewegungen des Besuchers. Der interne reale Beobachter steht vor der Ziegelwand, der fiktive imaginierte externe Beobachter steht hinter der Ziegelwand und drückt nach vorne. Diese Ziegelwand verformt sich, gibt nach, bildet keine Grenze.
33 Die Ortlosigkeit war natürlich nicht durch das Bauwerk selbst herstellbar, aber durch den Beobachter. Die Perspektive ermöglichte die Bewegung als optische Täuschung. Die Bewegung des Beobachters war synchron mit den Elementen des Bauwerkes. Die Elemente der Wandmalerei veränderten sich mit den Bewegungen des Betrachters. Das Bauwerk bewegte sich gleichsam, zumindest in Teilen, durch die Bewegung des Betrachters. Eine Scheinbewegung und -mobilität, eine Scheinaufhebung der Schwerkraft wurden durch die perspektivische Wandmalerei ermöglicht. Die Anamorphose spielte dabei eine bevorzugte Rolle.
34 Unterirdische Architektur negiert von vorne herein jede Umwelt. Sie ist insoferne totalitäre Architektur, als sie sich - gegen alle Tendenzen der Kommunikation - einigelt.
35 Architecture in Cyberspace. Architectural Design, Academy Group, London 1995. Siehe auch Peter Weibel (Hg.), The Media Pavillon. Art and Architecture in the Age of Cyberspace. Austria, Biennale di Venezia, Wien: Springer 1995
36 Peter Eisenman, op. cit. S. 204.
37 To make the invisible visible nennt Christine Boyer the progressive aspects of technology. In: Christine Boyer, Cybercity. Visual Perception in the Age of Electronic Communication. Princeton Architectural Press. 1996. S 50.
38 Siehe den Pavillon der Medien, eine neue Gleichung zwischen Kunst und Architektur, Österreichs Beitrag zur 46. Biennale von Venedig 1995. Komissär: Peter Weibel. KünstlerInnen: Coop Himmelb(l)au, Peter Kogler, Richard Kriesche, Constanze Ruhm / Peter Sandbichler, Eva Schlegel, Ruth Schnell. Wien: Springer 1995.
39 Das binäre Haus besteht ja aus binären Daten bzw. visuell aus Vektoren, Flächen etc., über welche durch Interpretation Nutzungen gemappt werden.
40 Beim HMD erfolgt die instantane Steuerung des Würfels im Monitor vor den Augen durch die Kopfbewegungen des users, und das ist nur möglich, weil diese Kopfbewegungen die Signale im Computer verändern können und die binäre Zahlensequenz ständig verändert wird und diese Veränderungen, wieder in einen analogen Code verwandelt, die Konturen des Würfels verändern.
41 Selbst im traditionellen Verständnis von Entwurf oder Kreativität ist eigentlich etwas Unbekanntes das Ziel der Tätigkeit.
42 A. Cozens: A new method of assisting the invention in drawing original compositions of landscape. 1785.
43 Die beiden Themen Präsenz und Ursprung sind zentral für das Problem des Anthropozentrismus. (Eisenman, op. cit. S. 89); Peter Eisenman in Das Ende des Klassischen: Das Ende des Anfangs, das Ende des Ziels: (...) das zweite Merkmal einer nicht klassischen Architektur neben dem Ende des normativen Ursprungs ist eine Freiheit von a priori gegebenen Zielen - das Ende des Ziels (Op. cit. S. 83).
44 Wer in ein Auto einsteigt, erhält sofort mehrere Auskünfte über den Zustand des Autos, z.B. nicht angeschnallt, Tür offen, kein Benzin etc. In Zukunft wird das Auto auch über den Zustand des Benützers Auskunft geben können und gegebenenfalls bei Alkoholismus die Weiterfahrt selbständig verweigern.
45 Vgl. Stewart Brand: How Buildings Learn
46 Auf einem Algorithmus beruht auch das Volksbuch von Heidulf Gerngroß; Rhombus Verlag, Wien 1978. Aus drei inhaltlich unterschiedlichen Datensätzen wurden nach eigenen syntaxähnlichen Regeln neue Satz- und Inhaltsgebilde automatisch zusammengestellt. Die readme.1st -Texte von Plottegg basieren auf einfachen Befehlsfolgen (Makro).
47 Die Bauordnung als Algorithmus zur Sinnlosigkeit kann am besten mit jenem poetischen Algorithmus verglichen werden, der besagt, alle Kombinationen aus Buchstaben und Sonderzeichen bis zu einer vorgegebenen Länge von z.B. 20 Buchstaben zu bilden. Dieser Algorithmus ist kurz und bündig, aber blöd.
48 P. Prusinkiewiz, A. Lindenmayer: The Algorithmic Beauty of Plants. Springer N.Y. 1990
49 W. M. Brodey: The Design of Intelligent Environments: Soft Architecture. Landscape, autumn 1967 S. 8-12.
50 Nicholas Negroponte: The Architecture Machine. MIT Press 1970
51 John Frazer: An Evolutionary Architecture. AA London 1995; S.9: An Evolutionary Architecture investigates fundamental form-generating processes in architecture, paralleling a wider scientific search for a theory of morphogenesis in natural world. (...) Architecture is considered as a form of artificial life, subject to principles of morphogenesis, genetic coding, replication and selection. (...) Space, structure and form are the traditional outward expressions of an architectural concept which has developed in the mind of the architect. (...) Architectural concepts are expressed as generative rules. (...) The rules are described in a genetic language which produces a code-script of intructions for form-generation."
52 Wenn auf diese Weise der Weg in die Zukunft von deterministischen Konzepten befreit wird, gibt es keinen Grund mehr die Vergangenheit als Quelle für Derivate zu verwenden, und die Vergangenheit als Festlegung der Zukunft zu verstehen.
53 Plottegg / Novak: schon 1995: Browse Architecture for algorithmic poetics and internet surfing.
54 Louis H. Sullivan: A System of Architectural Ornament. 1924.
55 Siehe Karl Gerbel / Peter Weibel, Genetische Kunst - künstliches Leben. In: Ars Electronica 1993. PVS Verlag Wien 1993.
56 Dieser Text ist eine modifizierte Kurzfassung eines von Peter Weibel für das Buch Styrian Window (Herausgeber Christa Steinle, Alexandra Foitl) verfaßten Essays (Graz: Droschl 1996). Da trotz Ortlosigkeit alles in einem Umfeld geschieht, sei dieser Essay zur Orientierung eingefügt.
57 Vgl. dazu die hervorragende Dokumentation von Günther Feuerstein: Visionäre Architektur. Wien: 1958/1988, Ernst & Sohn, Berlin: 1988.
58 Bernhard Hafner: Architektur - Alternativen 1. Der strukturelle Städtebau. Exposition - Demonstration - Diskussion, unter Mitwirkung von F. Achleitner, H. Hoffmann. In: Ausst.-Kat. Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz 1966, S.7-8.
59 Vgl. z.B. Ramesh Kumar Biswas (Hg.): Innovative Austrian Architecture. Wien - New York: Springer 1995. In diesem Buch werden genannt: Artec (Götz / Hoke / Lang / Manahl), Bramberger, Domenig / Huth, Eisenköck, Frey, Giselbrecht, Kada, Kelz / Kapfhammer / Wegan / Kossdorf, Richter, Rieger / Riewe, Wolff-Plottegg, Wondra, Zechner & Zechner.
60 1996 erschien sogar in einem der renommiertesten Verlage der Welt, nämlich MIT Press (Cambridge, Massachusetts) ein Buch, das vorwiegend der Grazer Architektur (vor allem Volker Giencke, Günther Domenig, Klaus Kada, Helmut Richter) sowie Coop Himmelb(l)au, Haus-Rucker&Co und anderen gewidmet ist: Eeva-Liisa Pelkonen: Achtung Architektur! Image and Phantasm in Contemporary Austrian Architecture.
61 Peter Cook: Austria. Vienna: Graz. In: The Architectural Review, London, Dezember 1988, S.23-26.
62 Peter Cook: Wien (...) In: Günther Feuerstein: Visionäre Architektur. Wien: 1958/1988, Ernst & Sohn, Berlin: 1988, S. 8.
63 Dietmar Steiner: Architektur als Haltung. In: Kat. Architektur als Haltung. Hg. Haus der Architektur. Graz: 1991, S.10.
64 Z.B. das Centre Pompidou und ähnliche Bauten in Frankreich.
65 Siehe die Kapitel "The New Industrial Space: The Locational Pattern of Information-Technology Manufactoring and ist Effects on Spacial Dynamics" und "The Space of Flows: The Use of New Technologies in the Information Economy, and the Dialectics between Centralization and Decentralization of Services. In: Manuel Castells, The Informational City. Blackwell, Oxford 1989.
66 Laura Kurgan: You are here: Museu. In: You are here. Architecture and Information Flows. Museu d'Art Contemporani de Barcelona 1995.
67 Karl Gerbel, Peter Weibel: Intelligente Ambiente. Ars Electronica Linz 1994.
Gottfried Hattinger: Virtuelle Welten. Band I. Digitale Träume. Band II. Ars Electronica 1990.
68 Der argumentative overkill der Detailliebhaber: Das ganze Projekt ist nicht gelungen, aber im Detail gibt es gute Elemente. Vgl. hierzu auch die Art der Abbildungen in den Architekturjournalen.
69 Diese Verhüllung einer Wohnung durch Plottegg unterscheidet sich von Christos Verhüllungen dadurch, daß in der Wohnungsverhüllung der ideologische Apparat enthüllt wird, der einer Wohnung zugrunde liegt, während bei Christo die Verhüllung zum "poetischen" Spektakel, z.B. zur Behübschung einer Fassade (Reichstag Berlin) wird.
70 Die späteren Arbeiten mit Morphing-Programmen entsprechen einer computergestützten Metamorphose, wie sie hier noch analog (ohne digitale Hilfsmittel) mit Materialien gemacht worden ist.
71 Hinsichtlich Österreichs Verdeckungsstrategien vgl. auch die späteren Formulierungen in Ich fordere eine positive Verdeckungsbilanz.
72 Vgl. hierzu: Plottegg: Urnenfriedhof. Hier sind die Benützer ja die eingeäscherten Subjekte (Aschenhaufen).
73 Vgl. hierzu auch die Prozedur der Decodierung im binären Haus.
74 Siehe:Das binäre Haus, Axiome der Interaktion, Nr. 9.
75 Friedrich Achleitner, in: Die Plotteggs kommen. Sonderzahl. Wien 1995. S. 17 f
Hartmut Skerbisch / Manfred Wolff- Plottegg: Beitrag zum Gedankenwettbewerb trigon '69, steirischer herbst Graz 1969.
77 Da unser Wettbewerbsbeitrag nicht genug Echo fand, verfaßten wir noch ein Flugblatt:
Die Ausschreibung zum Ideenwettbewerb trigon '69 offenbart völlige Verwirrung gegenüber dem Thema "Architektur und Freiheit" -- sie ist eine Anhäufung von beliebigen Begriffen, mit denen Situationen gelöst werden wollen: "realisierbare Freiheit durch Architektur", "Freiheit des Menschen als Individuum und in der Gesellschaft", "begrenzte Utopie der Zukunft", "Grenzen und Bedingungen der Freiheit", "Architektur und bla, bla, bla,...". Dies wird als geistige Voraussetzung und Ausgangspunkt bezeichnet -- auf diese Weise muß Zukunft ja zum Angst- und Traumbild werden.
Hartmut Skerbisch, Manfred Wolff-Plottegg / dzt. AZ 2 / Rechbauerstr. 12 8010 Graz.
78 Metamorphose einer Stadtwohnung
Studienarbeit TU- Graz (schon 1971).
79 Der Mensch braucht ..., daher einen Kasten für Sachen, die er gerade nicht braucht; detto die anderen Möbel. Fläche für Möbelaufstellung plus Bewegungsfläche summiert macht genau 25 m2 pro Person; diese einfältige Vorstellung erhält z.B. in der Wohnbauförderung Verbindlichkeit. Der Entwurf (bzw. die Lebensweise) besteht somit nur mehr im Arrangieren vorgegebener Elemente gemäß ebenso vorgegebener Regeln (indiziert von Formvorstellungen,...).
80 Alles hat einen ihm zugewiesenen Platz, und es wird ständig der die Phantasie erniedrigende Aufwand betrieben, daß das einmal Festgelegte auch wirklich in jeder Situation stimmt. Das modische Allheilmittel Flexibilität & Mobilität wird niemals befriedigende Lösungen bringen, denn auch hier wird das u.a. wohl auffallendste Prinzip der vorherrschenden Wohnkultur - DAS ÄUFRäUMEN - aufrechterhalten. Unbeabsichtigtes, Zufälliges wird systematisch abgelehnt.
81 Was bleibt davon schon übrig, wenn einige Konventionen aufgehoben werden!
83 Ich akzeptiere vorläufig die vorhandenen Wohnbauten zumindest insofern, als ich mich alltäglich darin zurechtfinde, indem mein Herumtun in ihnen mit der Substanz des hier Vorgeschlagenen konvergiert. Dies scheint mir jedoch, und gerade darauf lege ich Wert, nur in direktem Handeln möglich, wenn man es also endlich soweit gebracht hat, den oben aufgezeigten und ähnlichen, ungeheuer suspekten, einem minutiösen Verfahren ohnehin nicht standhaltenden Behauptungen nicht mehr (handelnd) zu folgen.
84 Dabei ist wichtig, daß dieser Vorgang im Hinblick auf Späteres in keiner Weise gelenkt wird, die Gegenstände vorher nicht irgendwie absichtlich zurechtgerückt werden. Ein ordentlicher Rausch kann da behilflich sein. Die Zimmer werden sozusagen ideell ausgeräumt. Das ist weit vollständiger als es ein tatsächliches Ausräumen sein könnte, da selbst die Vorstellung, von neuem wieder Möbel etc. hineinzutragen, durch das nun Entstandene eliminiert wird: ein effektives Auslöschen von Grundrissen und gedanklichen Zuordnungen.
85 Moos, Unkraut, Brennesseln, Farne, Efeu, Löwenzahn, Binsen, Stauden.
86 Auch ein Schwein oder mehrere Truthähne, Gänse etc. können für allerhand Überraschungen sorgen. Die Räume erhalten danach auch einen intensiven Geruch. Vor allem sollen die Tiere genießbar sein, also keine Hunde, Katzen, Wellensittiche, Goldfische. Kleinsttiere wie Spinnen, Ameisen, Fliegen, Würmer, Schaben werden von selbst auftreten.
87 Vgl. hierzu: Adolf Loos: von einem armen reichen manne.
88 Dieser Entwurf ist für niemand bestimmten gemacht, nichteinmal für mich selbst. Es ist nicht abzusehen, in welchem Sinn diese Situation sich als Wohnung zu verstehen geben wird. Es ist klar, daß sie durch rein architektonische Manipulationen aus einer Wohnung hervorgegangen ist. "Metamorphosis is a conspicious change in shape and mode of life (in an animal) occuring in a comperatively short time without any increase in size or even with a decrease in size. Since the change in shape is accomplished without increase in size, it always involves the casting off or absorption of certain larval tissues. M. is found only in those life- histories where the larva and the adult have very different habits." (Encyclopaedia Britanica)
89 Über die vorhandenen Konditionen im Hinblick auf einen Tagesablauf - einige Ausschnitte: Die Speisen werden nur mehr quasi à table zubereitet und hauptsächlich mit den Fingern gegessen. Im Klo wurde auch die Muschel überdeckt, in der Mitte ein Loch ausgeschnitten; die hockende, natürliche ersetzt die auf Grund der Gegenstandsform entwickelte, sitzende Haltung. Der dauernd spritzende Strahl und seine Fortsetzung dienen universell der Wasserbenützung (an Stelle verschiedener Gefässe und damit beschränkter Wassermengen). Es ist anzunehmen, daß Benutzer, wie es sich eben ergibt, Utensilien verschiedenster Art herbeischaffen werden. Dies geschieht aber hoffentlich eher aus einer Laune, Zufällen entsprechend, als aus linearer Zweckhaftigkeit und professioneller Optimierung. Soweit diese Utensilien noch mit Tätigkeiten zusammenhängen, sei darauf geachtet, ob der Benutzer mit diesen nicht ein von sich und der Dauer unabhängiges Geschehen selbst hervorruft und damit vermeint, selbständig tätig zu sein.
90 Überhaupt gilt es Wege zu finden, dies zu erreichen: etwa im Gebrauch der Sprache darauf zu achten, von Nacherzählungen vollkommen Abstand zu nehmen (derzeit ist es lediglich unhöflich etwas 2 x zu erzählen), dem Versuch Empfindungen auszudrücken, Beschreibungen, Vergleichen, Fragen,... zu entsagen. Die entschiedene Überwindung derartiger Elemente wird endgültig von sekundären, irgendwoher abgeleiteten Tätigkeiten trennen.
91 Das zusammengebrochene Bett
Studienarbeit TU-Graz 1972.
Installation von Georg Gröller & Manfred Wolff-Plottegg: Künstlerschaufenster / Shop Windows by Artists / L'art vitrinale; Schaufensteraktion steirischer herbst '79, Kuratoren Weibel / Pakesch; Fischgeschäft Nordsee / Herrengasse Graz.
93 Beitrag zur Ausstellung der Zentralvereinigung der Architekten im Künstlerhaus / Graz 1981. Hybrid Architektur sollte anfänglich nur die Ausstellungsgewohnheiten - Hochglanzfarbvergrößerungen von Gebäuden und Details brechen. Dies mit einiger Konsequenz verfolgt und die Bekanntschaft mit Oskar Panizza führte aber bald zu anderen Ufern.
94 Gröller, Hellweger, Panizza, Plottegg 1981.
95 "...dich werde ich kriegen, dich will ich würgen, mich quälst du nicht länger, mit deiner offenen Fotze, Fettauge auf allen Suppen, in dich will ich mich einschleichen, dich von innen aushöhlen, ...will dich teuflisch foltern, chinesisch, japanisch, mittelalterlich, werde ich dich zwicken mit glühenden Zangen, Pfau hinkender, daß du jammernd zu Grunde gehst...". Aus: Wolfgang Bauer: Krüppel Sprache. Graz 1981. Was dem einen die Sprache, ist dem anderen die Architektur!
96 Neben der Vorstellung von Architektur wird hier das Handwerk aufs Korn genommen: Es wird der Zusammenhang zwischen Zeichenwerkzeug und Produkt betont: Die Wände sind gerade, weil der Bleistift entlang dem Linieal geführt wurde; das Satteldach hat 45°, weil es eben so ein Dreieck gibt. Naheliegend wäre auch entlang dem kleinen Finger an der linken Hand eine Linie zu ziehen.
97 Vgl. hierzu auch meine Arbeiten: Das zusammengebrochene Bett und Die Metamorphose einer Stadtwohnung.
98 CPU, central processing unit oder 'die Schüssel', das eigentliche 'Hirn' des Computers, gebildet aus Prozessor, Arbeitsspeicher und Ein-/Ausgabe- Steuerung, meist ohne künstliche Intelligenz.
99 Andererseits verhindert gerade dieser, die Bequemlichkeit und der Hang zum Profit unterstützenden Comfort bisweilen ein geradewohles Arbeiten ins Blitzblaue hinein.
100 Hybride (gr.): Kreuzungsprodukt, Bastard, Mischling. Als Endprodukt einer Züchtung mit dem Ziel einer Höchstleistung spezialisiert auf besonderen Zweck, nicht weiter entwickelbar, nicht weiter vermehrbar, kein Ausgangsprodukt, sondern Endprodukt; hybrid: 1) (lat.) von zweierlei Herkunft, zwittrig. 2) (gr.) überheblich, hochmütig, vermessen. (Brockhaus)
101 Das Heranziehen von Konturen, an denen sich ein Objekt entwickeln soll, stellt hohe Anforderungen an das interaktive Verständnis: Die Wahl einer kolonialistischen Grenzlinie (z.B. Südgrenze Libyens) als Ablauflinie bringt ebensowenig wie ein Lineal. Nach dieser Regel müßten die Häuser an der Libyschen Südgrenze ganz normal gerade Wände haben.
102 In diesem allgemeinen Sinn sind natürlich alle Entwürfe als Behauptungen einzustufen: Im konventionellen Entwurf werden Ausgangsformen wie Erinnerungen (aus Kindheit oder Urlaub), Sehweisen (ein Haus sieht so aus, sonst ist es kein Haus), Formwünsche (dunkelgraues Satteldach mit Schopf in die Landschaft) etc. vermischt und zum Gebäude deklariert. Die hier möglichst willkürlich herangezogenen, losgelösten Ausgangsformen und Ablauflinien gewährleisten die überraschensten Ergebnisse.
103 Dieses Beispiel wurde gewählt, weil eine tatsächliche Vermischung des Bezeichneten nicht leicht vorstellbar ist. Das Hybridprogramm mischt weder die Begriffe, noch addiert es die Worte, noch ordnet es die Buchstaben in einer anderen Reihenfolge (Anagramm).
104 Testpersonen im Parkhotel in Graz; ein gebildeter englischer Architekt liest "Schinkel"; andere Lese- Ergebnisse sind: "shirk" (engl.), "Geheiß" etc. etc.
105 Die Irritation hat Tradition in der Kunst, sowohl auf Produzenten- als auch auf Rezipientenebene.
106 Es handelt sich also nicht mehr um das wohlkalkulierte Strichmanderl, dessen Hand bis 2,26 m reicht, dessen Nabel bei 1,13 m sitzt. Der eklektizistische oder postmoderne Manierist (mit welchem Modulor sollen wir bauen?) führt den Gedanken weiter zum Sumo- Ringer, zu Donald Duck.
107 Trade mark "Plottegg": soft- ronchamps, hommage á C. Oldenburg.
108 Ich unterbreche hier die Beschreibung der interaktiven Auswertung des Gebildes und überlasse dem geschätzten Leser jede weitere uneingeschränkte Betrachtung der Vorfälle.
109 Nebenbei bietet sich ein Kommentar zum derivativen Planen an: Form A wird der Vergangenheit, Form B der Gegenwart entnommen; die verbindenden Ordner werden über die Ausgangsformen hinaus verlängert, als Zeitvektoren, als Transmissionslinien verstanden; somit wäre Form D ein Zeitschnitt in der Zukunft. (Wie die Perspektive im Fluchtpunkt unendlich ferne Punkte abbildet, bringt die Interaktion die Zukunft zu Papier.) Die Interaktion liebt die Neugierde, nicht den Determinismus.
110 Die CPU generiert sehr rasch, was analog sehr lange dauert: vgl. z.B. die Entwicklung des chinesischen Schriftzeichens für Fisch.
111 Diese Punkte können z.B. auf den Linienzügen des Bildes mit zu geringer Punktanzahl interpoliert werden, können sektorenweise oder nach Verteilungsdichte etc. eingeführt werden.
112 Bei diesen Metamorphosen richtet sich das Interesse nicht auf ein materielles Gemenge (z.B. Kaisermisch aus Sand+Zemet+Gips) oder auf eine reine Formenmelange (aus jedem Dorf ein Hund).
113 So agiert der postmoderne Pragmatiker: Ausgangsformen aus dem Historienbachanal sind schnell geclont, in der Schüssel einige Bögerln und Säulen und diverses vermischt - etwas verfremdet - und fertig ist das altstadtgerechte Formenragout (Halbrundkorbbogenmarkise aus PVC).
114 Diese Vorstellung ist banal, bezieht sich in ihrer Faulheit primär auf die Anpassungsfähigkeit des Menschen. Natürlich wäre das Kuhhaus sehr organisch und für alle Bedürfnisse findet sich darin ein Platz. Der Rindsledermantel ist kein Kuhhaus.
115 Wettbewerb zum "Josef Frank - Stipendium 1984" ausgeschrieben von der österreichischen Gesellschaft für Architektur.
116 Wettbewerbsprojekt für die Erweiterung des Urnenfriedhofs in Graz, 1985. Planung von 7.000 Grabstellen, von Wasserentnahmestellen, einer Stromleitung, der Müllentsorgung, Anordnung der Bänke, einer Urnenaufbewahrung, Anlegen der Wege, Bepflanzung, etc.
117 So wie eben ein Stadtplan hauptsächlich Straßen zeigt; da es unterschiedliche baugeschichtliche Etappen gegeben hat, zeigt der bestehende Friedhof auch unterschiedliche Wegführungen. Die Frage der Positiv- bzw. Negativmuster - ergeben sich die Grabstellen (als Restflächen) aus den Wegen oder sind die Wege die Restflächen neben den Gräbern - ist vorerst nebensächlich, erfährt im späteren Planungsablauf jedoch besondere Bedeutung.
118 "Die Zeit, die der Zeremonienmeister benötigt, um eine Urne beizusetzen, beträgt je nach Entfernung von der Urnenaufbahrung bis zum Grab ca. 4 - 8 Minuten. Es darf daher die zurückzulegende Wegstrecke keinesfalls länger als bisher sein, da der Zeremonienmeister ansonsten nicht in der Lage ist, die nächste Urne, deren Beisetzung eine halbe Stunde später stattfindet, zeitgerecht aufzubahren." (Wettbewerbsausschreibung). Andreas Gruber, Cezet Zechner und ich haben uns auch schnell dahingehend verstanden, daß "KEINE HEISSE ASCHE EINFÜLLEN" weitreichendere Auswirkungen auf die Architektur hat als die Theorie der kurzen Wege.
119 Siehe auch Camillo Sitte: Der Städtebau.
Es ist geometrische Eigenheit, daß tangentiale Platzerschließungen größere Maschenweiten zeigen, die von Benutzern zum Ärger der Rasenmäher ständig durch Abkürzungen (etwa analog einem englischen Union- Jack- Grundriß) verfeinert werden. Eine Verfeinerung der Maschenweite bedeutet noch nicht den Übergang vom linearen zum flächigen Verkehr. Der 100%-flächige Verkehr jedoch führt nirgendwo hin (was die bekannte Straße von A nach B noch allemal leistet).
120 Eine Endzustandsplanung (selbst für weitgehend variable Bauaufgaben wird zumeist ein Endzustand als "Idealplan" propagiert) gibt ein Produkt in seiner endgültigen Form vor, legt es fest. Eine Entwicklungszustandsplanung versteht einen Bau nie als fertiges Produkt, sondern als ein Gebilde, welches in sich wandlungsfähig und anpassungsfähig ist, dessen Teile von unterschiedlicher Lebensdauer sein können. Jos P. Weber systematisierte Mitte der 60er- Jahre Formulierungen über die Entwicklungszustandsplanung angewendet auf städtebauliche Architektur und Wohnbauten. Es mag durchaus eigenartig erscheinen, gerade in der Planung eines Urnenfriedhofes - der inhaltlich sicherlich sehr mit der Vorstellung "Endstation" belegt ist - bei Vorstellungen der Wandlungsfähigkeit anzusetzen. Daraus ist auch der Kommentar der Jury zu diesem Projekt verständlich: "Der Versuch einer Gestaltung in Form eines Prozeßablaufes wird anerkannt, kann jedoch aufgrund der gestellten Kriterien nicht beurteilt werden. Es handelt sich bei diesem Entwurf um einen wesentlichen Aspekt der Planung, der sich jedoch nur auf einen Teil der gestellten Aufgabe bezieht." (Juryprotokoll)
121 Selbst aus der unglücklichen Formulierung des Auslobers ging hervor, daß bei der Beisetzung der 1. Urne nicht schon alle restlichen 6.999 Grabstellen einsatzbereit vorhanden sein müßten.
122 Also keine Zuweisung der Grabstellen durch determinierende Planung und durch die Friedhofsverwaltung (wie bisher praktiziert).
123 Die freie Platzwahl beim Auffüllen von Bienenwaben erfüllt diesen Anspruch nicht.
124 Die einzige wesentlich erforderliche Infrastruktur- Einrichtung ist die Erschließung (Wegerln). Je nach Baulosgröße wird das jeweilige Problem von infrastrukturellen Vorleistungen klar:
· Soll das gesamte Wegenetz zum Begängnis der ersten Urne schon fertig sein? Das bedeutet eine mittlere Vorfinanzierung für ca. 8 Jahre (fast gleich der Lebensdauer des Weges), die Betriebs- und Erhaltungskosten stehen in keiner Relation zur anfänglich geringen Auslastung.
· Soll mit jedem einzeln angelegten Grab der anteilige Gehweg im Ausmaß von ca. 1 m2 hergestellt werden? Entsprechend dem österreichischen Straßenbauprinzip Fleckerlteppich - müßte der Asphaltwagen dann bis zur Fertigstellung der 7.000sten Grabstelle vermutlich täglich vorfahren.
· Der übliche Ausweg, Tranchen mit zweckmässiger Dimensionierung, meist auf Grund von finanzierungstechnischen Parametern, kaschiert lediglich die aufgezeigte Problematik.
Das Dilemma liegt in der Endzustandsplanung, die Vorleistungen bedingt, die genau genommen im Augenblick jedoch noch nicht - bei einer abweichenden Entwicklung vielleicht überhaupt nie - erforderlich sind.
125 Der Funktionsplan der Ausschreibung zeigt einen vorweggenommenen Endzustand auf, ein deterministisches Ansinnen, welches zwischen Planung und Nutzung Nichts und niemandem Spielraum läßt. Das vorgelegte Entwurfskonzept vermutet eine direkte Korrelation zwischen Spielraumpotenzial und prozeßhafter Entwicklung.
126 Das von uns 1985 am Institut für Digitale Bildverarbeitung (Joanneum Research / Graz) verwendete Programm entspricht ungefähr dem Standard des heute gängigen EGA- Paint oder BUTCHER.
127 Das erlaubt mir aber diese Fußnote: "goldenberg war ein mensch, der seine handlungen nicht erklärte. es ist unsinn sich mit worten zu verteidigen, sagte dobyhal stolz. goldenberg schwieg." Konrad Bayer: der sechste sinn.
128 Diese Vorgangsweise unterscheidet sich vorerst nur vordergründig vom konventionellen Entwurf, wo man vermeint, sich nach anderen Randbedingungen und anderen Parametern zu richten. Hier orientierte sich die Vorgangsweise natürlich an den Möglichkeiten der vorhandenen Programmfunktionen, so wie der Handzeichner u.a. zwangsläufig seinen Zeichengeräten verhaftet ist.
129 Nicht zooming, dessen Einstellungen verschiedenen Maßstäben entsprechen.
130 Bei Grafikkarten und Bildschirmen mit geringer Auflösung (360 / 200) sind die Pixelabstufungen schon ohne Zoom mit freiem Auge erkennbar. Striche sind 'original' aus Pixel zusammengesetzt, die Strichstärke setzt sich aus Pixel (nebeneinander) zusammen. Bei starken Zoomvergrößerungen werden die ursprünglichen Pixel "multipliziert", es ergeben sich optisch Vergröberungen (z.B. die Abstufungen von schrägen Linien). Die Pixel sind quadratische Bildeinheiten. Daraus ergeben sich für ürsprünglich optisch gerade Linien in der Vergrößerung Flächen mit ortogonaler Rasterung (siehe hierzu: Das binäre Haus).
131 Die Friedhofsordnung sieht 3 standardisierte Urnengrabgrößen vor, dazu eine jeweils zulässige Grabsteingröße. Im Grunde genommen wird nur ein Loch in den Boden gegraben, ausbetoniert (etwa wie ein Abwasserschacht) und mit einer Platte abgedeckt. Im Hohlraum wird die Urne gelagert.
133 Mit dieser Einstellung ist auch gewährleistet, daß im Fenster des Grundstückes die erforderlichen 7.000 Punkte vorhanden sind. Das Konzept der Entwicklungsplanung erspart jedoch die langwierige Zählerei (auch wenn die CPU das schnell erledigt).
134 Für alle draw oder paint- Funktionen sind Farben anwählbar. Die Farben sind stufenlos mischbar. Vorhandene Bilder können, auch in Teilen, farblich geändert werden. Ein Bild (Element) kann gelöscht werden durch erase oder durch Ändern der Daten im Editor. Optisch kann ein Bild gelöscht werden, indem die Farben weggenommen (mit der Hintergrundfarbe gleichgesetzt) werden bzw. alles uni eingefärbt wird.
135 Das Farbbild am Monitor wird durch drei Farbkanäle (trio- pitch) aufgebaut. Erst wenn ein Pixelpunkt von allen drei Kanälen angesprochen worden ist, ist es ein "fertiger" (hier schwarzer) Punkt = Grab.
136 Entgegen der Wettbewerbsausschreibung bzw. entgegen der gültigen Friedhofsordnung sieht das Entwurfskonzept eine freie Standortwahl durch die Benutzer (bzw. durch die Hinterbliebenen der Verblichenen) vor. Derzeit weist die Friedhofsverwaltung zu, die Option, sich ein schönes Plätzchen vorzubestellen, gibt es nicht; erst wenn der Todesfall eingetreten ist (eine vorzeitige Benutzung des Grabes für die Asche des Blinddarmes, ausgefallener Zähne etc. wird auch nicht akzeptiert), legt die Friedhofsverwaltung fest, welcher Platz nun aufgefüllt werden soll (Bienenwabe). Dafür braucht sie natürlich ein fertiges Bild, wie eben ein Puzzlespiel auch ein prädeterminiertes Bild ist.
137 Das war eine Folgeerscheinung, weil wir einerseits behauptet haben, nicht zu wissen, welches Muster wir geben sollen, andererseits wollten wir ein Entwicklungsmodell. Und von der Entwicklung haben wir gesagt, das ist im Grunde genommen das, was Mitbestimmung sein sollte: Mitbestimmung im Wohnbau / Mitbestimmung am Urnenfriedhof. Und freie Platzwahl ist sicher wesentliches Charakteristikum einer Mitbestimmung.
139 Assoziationen wie Er ging über Leichen oder Leichen pflastern seinen Weg (Sergio Leone) sind hier nicht stichhaltig, weil es ja Aschenurnen bzw. Marmorplattenpflasterungen sind. Vielleicht ist trotzdem eine größere physische Nähe zum Ascherl des Verblichenen gegeben und vielleicht ist gerade das für das Sentiment förderlich.
140 Die Friedhofsordnung sieht, preislich gestaffelt, 3 normierte Grabgrößen vor.
141 D.h. es wird keine Infrastrukturinvestition im voraus geleistet, denn wozu sollte ein Weg dienen, der zwar begehbar ist, aber nirgends hinführt, weil es noch gar keine Gräber gibt. (Das Motiv eines ins NICHTS führenden Weges kam nicht in Frage, weil hier ja nicht nach Motiven entworfen wurde!) Solange die Gräber noch nicht so vielzählig sind, daß sie sich zu einem Wegenetz aneinandergereiht haben, könnte es gewisse Kastlhupfeffekte geben bzw. wird eben zwischendurch über noch nicht ausgebaute Strecken trampelpfadartig gegangen.
142 Da könnte auch wieder passieren, was trotz Einhaltung der m2- Typologie nicht im Ordnungs- Sinn der Friedhofsverwaltung ist. Andererseits wird in der hohen Eigenverantwortlichkeit bei Mitbestimmungsmodellen meist Rücksicht auf Vorhandenes genommen: Z.B. könnten sich im engeren Umkreis zu den Nachbarn Abstandsregeln (etwa analog [[section]] 4 Stmk.B.O.) entwickeln: Grabstellen werden entweder aneinandergebaut oder in einem Abstand von einem Meter (an einer oder zwei Seiten) situiert. Diese Abstandsflächen dienen der individuellen Grüngestaltung. Die dabei entstehende Flächenrelation Nutzfläche : Verkehrsfläche = 1/4 : 3/4 ermöglicht auch eine passende Flächenbilanz für das ganze Grundstück. So ergibt sich bei der Fortführung des Prozesses eigene Identifikation sowie eine persönliche räumliche Orientierung, was die geometrisch/numerische (also Gräberreihe und Grabnummer) Systematik ersetzt.
143 Es erscheint sinnlos, den Aushub auf eine weit entfernte Deponie zu verführen, denn für alles ist einmal Endstation, also auch für den Aushub - hier am Friedhof.
144 Denn auch diese finden analog zum Erdaushub hier ihre Ruhestätte.
145 Der benutzte Scanner konnte bis zu einer Stärke von 5 cm auch 3- D Elemente lesen, was in etwa mit dem Kopieren einer Handfläche auf einem gewöhnlichen Bürokopierautomaten vergleichbar ist.
146 Ich bedauere sehr, daß archigram nie realisieren konnte! Einen kleinen Erfolg sehe ich im offenen Grundriß bzw. im offenen Raumkonzept.
147 Und niemand wird dem Architekten für die Nichtplanung kein Honorar nicht zahlen.
148 Noch ein Gedanke zur Darstellungstechnik: Man nehme das Anfangsbild mit dem herausgeschnitten Fenster, welches das Fenster mit dieser fiktiven, freien Wahlmöglichkeit sei. Das könnte schon als solches als Wettbewerbsbeitrag abgegeben werden mit der Anmerkung, der Vorschlag enthält das Element Mitbestimmung, die sich vorerst nicht darstellen läßt, aber wofür einige Algorithmen (Regeln analog der bestehenden Friedhofsordnung) festgelegt werden.
149 Schließlich haben wir noch am Joystick weitergedreht, weitere Bildprodukte hergestellt, bis die Farben überzeichnet waren. Eine mögliche Interpretation bot sich an: Ein Grundriß wird als Schnitt in 1 m Höhe verstanden, ein Lageplan als Draufsicht, das ist Konvention. Die zusätzlichen, überschüssigen Bildprodukte werden als weitere Grundrisse -- in unterschiedlicher Höhe hier z.B.: in 1 m Tiefe geschnitten - deklariert: in der Abstraktion kein Fundamentgrundriß, sondern faktisch ein Astralgrundriß, der bei einem Urnenfriedhof natürlich spektakulär ist, den nur die CPU aufzeichnen kann.
150 Zentrum für die Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften: Wettbewerbsgegenstand war die Projektierung von einigen Institutsbauten auf einem ca. 500 m langen, aber relativ schmalen Bauplatz von ca. 16.000 m2, in direktem Anschluß an das Gelände der gründerzeitlichen Karl-Franzens-Universität gelegen. Die Bruttogrundrißfläche beträgt 32.000 m2, die Nettonutzflächen oberirdischer Geschosse betragen insgesamt 18.078 m2, die Flächen im Kellergeschoss 6.000 m2.
151 Das geschah mit Hilfe eines einfachen Fortran- Programms, gerechnet auf einer VAX der TU- Graz. Die Axonometrien und Perspektiven wurden auf einer VAX am Institut für Digtale Bildverarbeitung (Joanneum Research / Graz) gerechnet. Das war 1985 in der Steinzeit der Computergrafik noch nicht einmal 3- D, sondern nur sogenannte 2- 1/2- D; für eine wireframe- Perspektivenberechnung dieser wenigen Striche brauchte der damalige "Großrechner" noch bis zu einer halben Stunde, was einige Jahre später einschließlich raytracing am PC praktisch in realtime geschah.
152 Die Leichtigkeit mit der eigentlich ohne zusätzliche Arbeit weitere Entwürfe geliefert werden, ist verblüffend. Mit dem erhaltenen Material hätten wir einigen anderen Büros aushelfen können.
153 Das tritt mit größerer Wahrscheinlichkeit auf je mehr Elemente innerhalb eines Areals placiert werden. Das wäre natürlich zu verhindern (z.B. mit einem Zuschnittoptimierungsprogramm, wie es z.B. in der Schuhindustrie verwendet wird, um die standardisierten Oberlederteile bei möglichst geringem Verschnitt aus einer Haut herauszustanzen - da darf kein Stückchen doppelt belegt sein). Interressant wäre in diesem Zusammenhang, einmal ein Zuschnittprogramm aus der Kleiderkonfektion zu verwenden, wo nicht nur die Optimierung der Stoffausnutzung, sondern auch die Lage der Elemente in bezug auf Schuß und Faden bzw. auf das Stoffmuster zu beachten ist. In architektonischer Anwendung entspräche der minimalisierte Verschnitt den reduzierten Taraflächen / Verkehrsflächen, die Richtung vom Schuß z.B. der Südorientierung.
154 Obwohl mich Altbekanntes eigentlich nicht mehr interessiert, nehme ich hier die Gelegenheit, mit konventionellem Handwerk vorzugehen.
155 Auch hier läßt sich klar ablesen: Nicht das Ausgangselement ist formgebend, sondern die Manipulation, die Verfahrensanweisung, der Algorithmus.
156 Eine konventionelle Handzeichnung tendiert eher dazu, die Elemente / Funktionen nebeneinander aufzuzeichnen und zwar viereckig! Das Abweichen vom Üblichen ist für den Computer jedoch nicht Konzept, schon gar nicht ein formales wie in dekonstruktivistischen Strömungen und in der Grazer Schule.
157 Das Phänomen der Dislokation habe ich in späteren Projekten immer wieder aufgegriffen.
158 Seit damals, nämlich 1985, war ich aber langjährig Mitglied der Grazer- Altstadt- Sachverständigen- Kommission, deren Aufgabe es ist, zu begutachten, ob sich bauliche Maßnahmen in das Erscheinungsbild des geschützten Ensembles einfügen.
159 Wenngleich das langgestreckte Grundstück bei dem vorgegebenen Widmungsrahmen ein langgestrecktes Gebäude bedingte, zeigten die ca. 75 Wettbewerbsbeiträge in diesem Rahmen unterschiedliche Ideologien und somit unterschiedliche Baumassenverteilungen (Pavillon, Ziegel, Blockrandbebauungen, etc.) auch hinsichtlich der Einfügung in das Erscheinungsbild des umgebenden Ensembles. Aus oben beschriebenen Gründen wurden in meinem Projekt Größeneinheiten in Institutsgröße generiert. Die Institutsgrößen entsprachen andererseits jedoch auch annähernd den Dimensionen der angrenzenden Bebauung (gründerzeitliche Wohnbebauung), wodurch sich eine analoge Gliederung der gesamten Baumassen ergab. So macht das der Computer.
160 Daher verwende ich lieber den Ausdruck EDV und nicht CAD; CAD erinnert mich auch immer zu sehr an control- alt- delete!
161 Wettbewerb Wohnbebauung Seiersberg 1987, 1. Preis.
Ein Teil der Gesamtanlage wurde zwischenzeitlich realisiert.
162 Plottegg, Mascher, Zechner: Text für Wettbewerbe H.66/67-1987.
163 Dieser Text war ursprünglich das Vorwort zur meiner Architektur Computer Theorie und erschien erstmals in: architektur aktuell Nr. 130, April 1989.
164 Bei dieser Verwendung ist aber der Eingeber selbst der Trottel!
165 Die Studenten selbst zeigen zwar Interesse, jedoch wenig Aktivitäten; nur 5% haben jemals am Computer gearbeitet -- nur 2 % besitzen selbst einen Computer (Umfrage WS 1988/89 an der TU-Graz).
166 Ursprünglich Beitrag zum Wettbewerb La casa più bella del mondo Juni 1988; diese Arbeit ging bei den 608 eingereichten Projekten unter, bzw. hat die Jury eher postmodern- klassische Projekte gesucht und gefunden! Obwohl das schönste Haus der Welt in nur drei Tagen auf zwei Amiga2000 entwickelt worden ist, gab es eine Fülle an Material, welches sich als sehr gut verwertbar, bei genauerer Analyse sogar als Fundgrube für theoretische/methodische Überlegungen erwies; großformatige Vergrößerungen des grafischen Materials waren Gegenstand meiner Personale in der Architekturgalerie in München, welche zum Preis von 10 Pfennig pro bit vollständig aufgekauft worden ist. (Zu meinem Vorteil hatten die einzelnen files einiges an kilobytes!)
167 Im Analogen war das schwer vorstellbar, weil das Prinzip von Ursache/Wirkung sehr dominant und die Theorie der Fraktalen nicht allgemein bekannt ist. Die Aussage: "Das ist ja ein Blechtrottel, da kann nur herauskommen, was man eingibt", basiert eindeutig auf einem mechanistischem Weltbild.
168 Nachdem ich bei mehreren Projekten einiges an Erfahrung im Planungsprozeß mit der CPU zusammengetragen hatte, war es mir möglich etwas Theorie daraus zu extrahieren, wobei Dr. Dorothea Leitner mich dankenswerter Weise unterstützte. Aus den unfangreichen Texten wurde für die Ausstellung in der Architekturgalerie in München vorliegende Kurzversion ediert. Originaltitel: Das binäre Haus & die Interaktion / die Computer- Architektur- Theorie.
169 Text für LEONARDO Special / soft targets / Oktober '91. Es war mir zu mühselig, der laufenden Anfrage nach einschlägigen Texten zur Computer- Architektur nachzukommen, weswegen ich begann automatische Texte zu entwicken. Ein Basistext aus verschiedenen meiner files wurde durch ein einfaches Makro (word5) vermischt:
Es wurden mehrmals verschiedene Versionen publiziert. Durch diese Manipulation (für Readme.1st ca. 50 Wiederholungen), für das update ca. 80 wurde der Text gehörig durchgebeutelt. Natürlich sind nun Textstellen kontextlos und teilweise deutlich sinnentfremdet. Obwohl ich ja einiges an Überraschungen gewohnt bin, diese geradezu provoziere, war der output auch für mich vorerst so erstaunlich, daß ich mich erst einlesen mußte, da die CPU manchmal sogar das Gegenteil meiner üblichen Diktionen behauptete. Das für mich Entscheidende dabei aber war, daß ich -- nachdem ich mein Leben lang allen und allem gerne widersprochen habe - mit Hilfe der CPU begann mir selbst zu widersprechen, was ich seither versuche weiter zu kultivieren.
Heidulf Gerngroß hat im VOLKSBUCH mit ähnlich einfachen Algorithmen 3 Textfiles (griechische Mythologie, deutsche Heldensagen und eine Tonbandaufzeichnung aus seinem Haushalt) zu generierter Literatur vermischt.
170 Im Oktober 1991 wurden im Zonnehof (Amersfoort / Niederlande), in einem als Zentrum für Bildende Kunst revitalisierten Bau von G. Rietveld, Manifeste namhafter Künstler und Architekten -- zusammengestellt unter dem Titel DIE SYNTHETISCHE DIMENSION präsentiert. Eine Installation dieser Ausstellung, THE GLOBAL SATELLIT, vernetzte (damals noch) mit Hilfe von Modems weltweit (New York, Tokyo, London, Graz, Brüssel, Amsterdam, Delft, etc.) die PCs von Teilnehmern, die somit ihre computergenerierten Daten bzw. grafischen Statements direkt demonstrieren und austauschen konnten. Das Netz wurde von Kas Osterhuis und Ilona Lernart konzipiert. Das Baujournal Nr. 12/1991 veröffentlichte (erstmals in Druck und Bild) die von Manfred Plottegg, Hans Kupelwieser und ihren PCs entwickelten Daten.
Technisch gesehen ist unser computergenerierter Beitrag durch einen ausgeprägten Datensturz entstanden: die ursprünglichen 3-D Daten des stereometrischen Modells von Sonne-Busen-Hammer (eine autocad.dwg) wurden in ein upfront auf einem apple transferiert, da alle Teilnehmer am Netz damit arbeiten sollten. Dabei kam es zu einem Datensturz, welcher aus den ursrpünglichen 3-D Daten ein flaches insert machte, wobei zusätzlich alle Blöcke uä. verlorengegangen sind bzw. teilweise an ihrer Stelle ziemlich lange Vektoren entstanden sind. Da die so entstandenen Objekte am Bildschirm sich nichteinmal anklicken ließen, waren sie sozusagen virtuell. Das generierte Ergebnis war definitiv fertiggestellt, jeder Gedanke einer interaktiven Weiterbearbeitung hinfällig.
172 M. PLOTTEGG schon am 12. Oktober 1991 um 10:51 Uhr.
173 "Sonne Busen Hammer - Das Zentralorgan der Lord Jim Loge" veröffentlichte in Heft Nr. 1, ebenfalls 1991 eine ähnliche Zeichnung mit folgendem Text:
"Erster Architekturwettbewerb der Lord Jim Loge von M.M.O.Plottegg gewonnen! Der erste Preis des erstmals ausgeschriebenen Architekturwettbewerbes der Lord-Jim-Loge wurde dem Architekten M.M.O.Plottegg zuerkannt. Bei der eingerreichten Arbeit "KATHEDRALE DER INTELLIGENZ" kennt sich aber KEINER aus. M.M.O.Plottegg wurde verpflichtet, bis zum Erscheinen der Jubiläumsnummer von "Sonne, Busen, Hammer", dem Zentralorgan der Lord Jim Loge, eine ordentliche Zeichnung anzufertigen."
174 Wettbewerb Wohnbebauung Spielberg '91.
175 Die Beschreibung bezieht sich auf das Programm Autocad, trifft aber in der Systematik auch auf andere zu, bzw. lassen sich, wenn einmal als Phänomen erkannt, überall derartige Konfigurationen schnell herstellen.
176 Vortrag gehalten am 30.01.1992 bei der Zentralvereinigung der Architekten in Wien im Rahmen der Vortragsreihe Sprechen über Architektur.
177 Vortrag TU- Wien Cad- Forum 1.10.1992.
178 Unterhaltung Manfred Plottegg & Jörg Schlick. 1992 niedergeschrieben für Architektur & Bauforum Nr. 153, 1992.
179 Wäre ich ein Minimalist, hätte ich überhaupt nur ein Blattl aufgehängt. Es wird klar, wohin konsequenter Minimalismus führen kann.
180 Nach dem Hofburgbrand und dem allgemeinen schnellen Original-Rekonstruktions-Begehren konnte ich schon in der Zeitung Salto eine anderslautende Stellungnahme abgeben. Darufhin erbat die Zeitung Konstruktiv (das offizielle Blatt der Ingenieurkammer) eine längere Ausführung dieser Überlegungen, welche ich in einer Unterhaltung mit Jörg Schlick am 18. Januar 1993 formulierte; nach längerem Hin und Her wurde für den Text zwar bezahlt, eine Publikaton jedoch verweigert.
181 Besprechung des Neubaus von A. Krischanitz in Graz (Kleine Zeitung, 1.10.1993).
182 Architektursymposium Regionale Identität im wachsenden Europa -- Das Fremde (LINZ 5./6. Nov. 1993).
183 Die Auseinandersetzung und schließlich die Demonstration auf der Ringstraße gegen Baumeister = Architekt fällt genau in diese Lächerlichkeit.
184 Der Wurm muß dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.
185 La soluzione del problema d'angolo nella Scuola di Graz; Vortrag am 2. 12. 1993 im Circolo Trentino per l'architettura contemporana / Trento.
186 Ich möchte anmerken, daß einige Freunde leider keine Zeit fanden mir Dias herauszusuchen und daß ich teilweise mengenmäßig selektieren mußte.
187 Konstruktiv, das offiziellen Organ der Bundesingeniuerkammer, bat im Frühling 1994 u.a. auch mich um einen Diskussionsbeitrag zum empörenden Ansinnen, daß künftig auch planende Baumeister sich Architekten nennen dürfen, damit ihnen kein Wettbewerbsnachteil in der Europäischen Union entsteht. Meine folgenden Gedanken wurden jedoch nicht publiziert -- das Sprachrohr der Ingenieurkammer ließ nur ablehnende Positionen hinaus!
188 Vortrag zum Seminar Von der Kunst des Machbaren -- Idee und Handwerk.
(Institut für Hochbau, Prof. Giencke, TU- Innsbruck / Mai 1994).
189 Intelligente Ambiente Katalog Ars Electronica '94.
190 Diskussionsbeitrag 4. Juli 1994 Institut für Kunstgeschichte TU-Graz
191 Schon anläßlich des Typenwettbewerbes für Dachgeschoßausbauten in Graz (1987) konnte ich brachliegende Flächen bzw. Volumen in den Dachstühlen von Kulturdenkmälern lokalisieren. Da nämlich zusehends alle Dachböden in Wohnhäusern zu Wohnungen oder lofts ausgebaut werden, bleiben bald nur mehr die Dachräume von Kulturdenkmälern leer, die - ebenfalls in bester städtischer Lage - zur Disposition stehen könnten. Jedenfalls arbeite ich seit damals an Konzepten für den Dachraumausbau im Stephansdom, im Straßburger Münster, im Prado, etc. und in diesem Sinne auch an Gebäuden für den Heldenplatz, etc.
192 Text zusammengestellt für den Kloführer von Graz.
193 Um nicht in diese fein verteilte Scheiße hineinzutappen, verwende ich für Reisen mit der Bahn eigene Eisenbahnhandschuhe. Weil ich weiß, daß das Prinzip der Feinzerstäubung nur während der Fahrt funktioniert, verstehe ich, warum die Benutzung der WC-Anlagen während des Aufenthaltes in Stationen untersagt ist. Der Vorteil der feinsten Zerstäubung, die in homöopathischen Dosen verteilt wird zeigt sich aber bei den beliebten Schrebergärten entlang den Bahndämmen, wo der Rosenkohl besonders schön gedeiht.
194 Gestellt vom Architektur & Bauforum Nr. 174, 1995.
195 Eröffnungsvortrag für das Internetseminar TU- München SS 1995.
196 Siehe: Mödling/Wien, Lucca, Arezzo, Ferrara, Modena, Split, Oberstreu / Franken, Eichstätt, Como, Wimpfen, Mazedonien, Trient, Bamberg, Würzburg.
197 Wer zur Wahrung seines Weltbildes den Hörsaal nun verläßt, wird aber draußen zusehends vom selben Virus umgeben sein.
199 civil disobediance / digital disobediance; resistance in the net, electronic resistance
200 We all love the net, diese Stimmung erinnert mich sehr an die flower power / hippie-Bewegung vor 30 Jahren; ein Indikator dafür ist u.a. die betont informelle Kommunikation per e-mail und in den news-groops.
201 Vgl. hiezu auch: Qualtinger / Der Wilde mit seiner Maschin.
202 Siehe hiezu auch: Ars Electronica 1994, Intelligente Ambiente; Kurator Peter Weibel; Symposium: Architektur und elektronische Medien.
203 Aber: Wer zuletzt lacht, lacht alleine (Max Gad).
204 Schon alleine die Suchfunktion in einem üblichen Textverarbeitungsprogramm erlaubt eine andere Leseweise: suchen, weitersuchen, etc. Man liest nur die Stellen mit dem gesuchten Wort, den Rest eben nicht.
205 Selbst in den miserabelsten Fällen wurde dieses Anliegen zumindest als Kaffee-Ecke oder Kommunikationszone "umgesetzt".
206 Vgl. auch: Peter Eisenman: Das Ende des Klassischen:Das Ende des Anfangs, das Ende des Ziels.
207 Adolf Loos ist ein Paradefall eines unangenehm insistierenden, permanent belehrenden Architekten: Er wußte nicht nur, aus welchen Gläsern was richtig getrunken wird, wie man sich richtig Salz nimmt, sondern als Oberästhet der Republik auch, wie seine Gemahlin richtig auszusehen hat. Und als Weltverbesserer wußte er auch nachzuhelfen - Füße brechen und gestreckt zusammenwachsen lassen, verbessert die Proportionen!; hier wächst der Fundamentalist über die alltägliche Selbstkasteiung eines Architekten hinaus.
208 Hier muß der berühmten Benutzeroberfläche der PC's gedacht werden: von echten freaks der ersten Stunden abgelehnt und schließlich doch akzeptiert, ist es gerade diese Oberfläche (Oberflächlichkeit), die als Benutzerfreundlichkeit allseits gefordert worden ist und dann zur lückenlosen Verbreitung geführt hat.
209 Diskussionsbeitrag bei der Veranstaltung Region Ennstal / Standpunkte in der Architektur in Trautenfels 19. 5. 1995.
210 Aus Sicht des jeweiligen Eigentümers fügt es sich aber ein und das hängt vermutlich mit der Identifikation/Identität mit dem Zuhause zusammen. Zu sagen: "Das eigene Haus fügt sich nicht ein = ein landschaftliches Kuckucksei", wäre gleichbedeutend mit "sich selbst nicht schmecken können".
211 Wer mich kennt, weiß daß ich derartiges durchaus treffend und ohne mir ein Blatt vor den Mund zu nehmen formulieren kann. Wer es genau wissen möchte kann danach mich fragen, ich lasse mich ja gerne provozieren.
212 Für Sommer 1995 habe ich zusammen mit Marcos Novak einen workshop mit diesem Titel im Haus der Architektur konzipiert. Aus organisatorischen Gründen mußte jedoch kurz vor Beginn abgesagt werden. Hier einige Vorstellungen und Definitionen worum es dabei und überhaupt gehen könnte.