Badezimmer / Salles de bains / Bathrooms
design by Manfred Wolff-Plottegg 


"Das Kupelwieser-Bad"
1997 Badezimmer Graz, Lichtenfelsgasse 13; Aufgeblasenes Aluminium hautnah


Prototyp Hans Kupelwieser Ausstellung MAK 1995; Aluminiumbleche zusammengeschweißt und aufgeblasen.

 

 

 

   

Pneumatische Formgebung:
Randbedingungen, chaotische Faltungen, Material mit Gedächtnis, Form aus Material.

Produktion: Fa. Neuman Aluminiumwerke GesmbH. Marktl / Lilienfeld
Pulverbeschichtung: Fa. Prefa Aluminiumprodukte GesmbH. Marktl / Lilienfeld




Herausgepreßt oder Entfaltet : Kupelwieser und Plottegg überlegen schon 1997 zum „Aufgeblasenem-Aluminium“:

Die Vorgeschichte ist lange 1): 1968 hat Pneu Plottegg die „Enge Welt“ aufgeblasen und dann 1997 zusammen mit Peter Kogler viel Hirn - und Hans Kupelwieser hat schon 1993 Aluminiumbleche zusammengeschweißt, zu Pölstern aufgeblasen und 1994 im MAK ausgestellt.

1997 montieren Kupelwieser & Plottegg kongenial Alu-Bleche in einem Bad und blasen sie auf: natürlich ist das Ergebnis phänomenal 2), aber über die selbstredend sprachlose Ästhetik des Produktes hinausgehend berührt es zudem eine entscheidende Frage: gibt es jenseits der Pressungen - also ganz locker - auch Architektur?

Denn Aluminium - wie üblicherweise verwendet - und Architektur - wie zumeist gedacht - unterliegen demselben Prozeß: Aluminium und Architektur werden irgendwie herausgepresst, die Aluminiumprofile müssen durch eine Profilstrangpresse und Architektur durch den engen Geburtskanal der Architektengehirne gehen. Dabei werden sie jeweils in eine gewollte, definitive Form geprägt 3). Das Preßhafte von Alu und Architektur assoziiert irgendwie mit Hartleibigkeit, der erhöhte Widerstand wird sogar zum Qualitätskriterium - je härter umso besser. Ist diese strukturelle Nähe Basis für das Techtelmechtel von Architektur und Aluminium?

Beim Aluminium-Bad war das anders: zuerst wurden die Alu-Bleche „weichgemacht“ - ausgeglüht, damit sie an Festigkeit verlieren - so der Beginn der Autopoiesis. Und dann wird nicht „Form gegeben = es muß so aussehen wie ich will“, vielmehr entfaltet sich die Form durch Aufblasen in Folge von Materialeigenschaft und Randbedingungen von selbst. Flutsch! Flutsch! Chaotische Faltungen wo sie wollen, und wenn die Luft heraussen ist, bleibt die Erinnerung des Materials, nichtgeometrisierte Freiformen, unvorhersehbar, nicht prädeterminiert, in diesem Sinne Kupelwieser & Plottegg auf der anderen Seite, jenseits der Form offen, intelligent sanftes, körpernahes Aluminium, konvulsivische Architekturmethodik.

Ps.: Kogler und Plottegg blasen im Juli ´98 in Nizza einen PAE-Schlauch zu einer großen Skulptur auf und verwenden dabei ein Staubsaugerrohr aus Aluminium! Und weil das so praktisch ist wird Plottegg nun Blasen und Saugen. Und Kupelwieser macht gerade Lärchenschindeln aus Aluguß und Multiples „Furzkissen - Skulptur auf Sessel liegend“: sinnvollerweise aus aufgeblasenem Aluminium. 


1) Spätestens Muhammad Ali hat die Theorie des lucky punch widerlegt und die Folgewirkung als Qualitätskriterium definiert. Daher ist das Entwicklungspotential einer Arbeit entscheidend, nicht ihr Aggregatzustand, womit die Richtung für eine „offene Architektur“ kurz angedeutet sei.
2) Der Aluminium-Architektur-Preis 1998 kann dafür nur Hilfsausdruck sein!
3) Was gewollt wird, ist zB. auf dem News Poster des Alu-Institutes zu sehen: Im Zentrum, sehr groß eine Wohnhausanlage, traditionelle Architektur mit vielen Aluminiumfenstern. Daneben klein und am Rande - das Aluminiumbad als Preisträger vom Aluminium-Architektur-Preis 1998; Pragmatik und Marketing pressen das Aluminiumfensterprofil und seine Architektur heraus und - in das Plakat hinein, das offensichtlich Unerwünschte wird an den Rand gedrückt.


***  Badezimmer ***